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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Portätsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol
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https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0017
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Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol.

Ehe, Juana (der Wahnsinnigen), Gemahlin des Erzherzogs Philipp des Schönen, ist schon früher besprochen
worden.1

Zierliche Goldschrift: . . RDIN • REX ISPAN ■ CATH. Brustbild links, im Dreiviertelprofil, unbärtig,
der Kopf unbedeckt, das lange, unten gerollte Haupthaar und die feinen, hochgeschwungenen Brauen
grau, die gesenkten Augen schwarz, lange, gebogene Nase, Mund und Kinn klein, volle Wangen. Ueber
dem dunklen Rock mit niederem goldgesäumten Stehkragen ein Oberkleid aus gemustertem Goldstoff
mit Armein, grauem Pelzkragen und gleichem Pelzbesatz an der Brust. Grund schwarzbraun. — Ka-
talog Nr. 207. — Die Copie ist fein und sorgfältig ausgeführt.

Schrenk, tab. IX, und Köhler, Taf. 9, S. 33, verschieden (Profil rechts). — Bei A. Capriolo, p. 59,
und Totti, p. 172, unserem Bilde gleich. Es existirt auch ein anonymer Kupferstich älterer Zeit, der
das gleiche Bildniss des Königs gibt; zu seiner Rechten erscheint das der Königin Isabella im Profil links.2
Das Porträt des Königs in München, Fickler, Inv. Nr. 2665 (v. Reber II, S. 28) ist verschollen.

Die Tumbafigur seines Grabmals und ein vorzügliches Gemälde im Museum von Madrid, welches
den König und seine Gemahlin sowie zwei seiner Söhne und die ältere Tochter vor der Mutter Gottes
knieend darstellt, verbürgen durch die Gleichheit der Gesichtszüge die Porträtähnlichkeit unseres Bildes.
Das eben genannte Votivbild stellt den König im Dreiviertelprofil rechts, mit Krone, in Goldstoffkleid
mit Hermelinbesatz und rothem, goldgerändertem Mantel, im Alter von 32 Jahren, d. h. um 1482, dar;
um den Hals ist eine feine Kette mit einem Kreuze gelegt, welches drei Querbalken untereinander
zeigt, alle Enden mit Perlen besetzt.3 Die Gesichtszüge sind im Einzelnen jenen unseres Bildes ganz
ähnlich, abgesehen vom Alter und vom Ausdruck, der nicht die gewinnende Offenheit des Charakters
wie im Votivbilde sondern Verstecktheit, um nicht zu sagen Verschmitztheit, verräth. Die gesenkten
Augen in unserem Bilde scheinen gleichfalls auf ein kirchliches Gemälde, dem das Porträt des Königs
entnommen wurde, hinzudeuten. Dem Alter von 50 bis 60 Jahren nach muss es zwischen 1502 und
1512 entstanden sein. Ueber den Maler des vom Copisten im Sinne des XVI. Jahrhunderts moderni-
sirten Porträtes lässt sich Sicheres nicht sagen. Der Hofmaler des Königs, Rincon, war damals schon
todt (gest. um 1500);4 von den Malern der Königin Isabella wird nur Michael Flamenco in den Rech-
nungen bis 1515 genannt, während der berühmte Juan de Flandes nur zwischen 1498 und 1504 er-
scheint.5

Wir übergehen hier die Sockelfigur Ferdinands des Katholischen in der Sta nza de 11' Incend io
im Vatican, unter dem Borgobrand; er ist hier in ganzer Figur, den Kopf links im Profil, und in an-
tiker Rüstung dargestellt. Wie die anderen Sockelfiguren jener Stanza ist auch diese, da sie arg gelitten
hatte, von Maratta 1702, 1703 übermalt worden.6

Könige von Portugal.

144. Juan I. der Grosse,

natürlicher Sohn Pedro I. und der Ines, Tochter des Pedro Fernandez de Castro, geboren am 11. April 1357,
wurde i383 nach seines Bruders Fernando Tode Regent und am 6. April 1384 König, behauptete sich in Folge

1 Jahrbuch XIV (1893), S. 135, Nr. 142.

2 Eine Reproduction in Contouren rindet man in der Biographie universelle XXI, p. 272.

3 V. Carderera II, Est. 58 (farbige Abbildung), vermuthet, dass Pedro Berruguete der Maler sei. Das Kreuz an der
Brust ist nicht unwichtig. Im Inventar des Nachlasses der Erzherzogin Margaretha von Oesterreich, Tochter des Kaisers
Maximilian und Schwester des Erzherzogs Philipp, des Schwiegersohnes des Königs Ferdinand des Katholischen, linden sich
zwei Porträte des Letzteren angeführt (Jahrbuch III [1885], Regest 2979, Nr. 16 [p. XCIV] und Nr. 25 [p. XCV]), beide ähn-
lich, ersteres aber mit Goldkette und Kreuz, letzteres ohne diese. Ersteres ist vielleicht als eine Copie des Votivgemäldes
im Madrider Museum zu betrachten. Es war nach einer Bemerkung zum Inventare schon 1526 verschenkt worden.

4 Ein anderes Gemälde in der Capilla de la Antigua der Kathedrale von Granada stellt den König und die Königin
gleichfalls knieend und betend dar, den König in der Rüstung; es wird als eine Copie des Juan de Sevilla nach einem
Originale von Rincon bezeichnet.

5 Justi in den Jahrbüchern der kgl. preuss. Kunstsammlungen VIII (1887), S. 157 f.

6 Vgl. die Abbildung in Gutbier, Raflaelwerk, Text von Wilhelm Kübke, und J. D. Passavant, Rafl'ael, französische
Ausgabe von Paul Lacroix (Paris 1860) II, p. 165.

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