Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

DOI Heft:
Abhandlungen
DOI Artikel:
Kenner, Friedrich: Die Portätsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0042
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1

36 Friedrich Kenner.

unseren Copien mindestens zwei verschiedene Maler oder Zweige der Schule Clouet's betheiligt, von
welchen der eine sich mehr an das Vorgehen des Letzteren hielt, der andere davon abwich. Lehrreich
sind in dieser Beziehung die in Doubletten vorhandenen Bildnisse; es ist natürlich, dass man solche
nicht absichtlich herstellen Hess sondern dass sie entstanden, indem durch ein Versehen der Name der-
selben Persönlichkeit auf den Listen, mit denen bei verschiedenen Malern Bestellung gemacht wurde,
stehen blieb. Von den beiden nahezu identischen Bildnissen des Connetable Anne de Montmorency
hat die eine minder gut gemalte Copie (Nr. 204) gelblichgrauen, die andere bessere (Nr. 205) grauen
Hintergrund; beide sind nach demselben Originale gemalt. Von den Porträten Damville's, die gleich-
falls auf dieselbe Vorlage zurückgehen, hat das eine (Nr. 188) dunkelgrauen, das andere (Nr. 189) grau-
braunen Grund. Aehnlich verhält es sich mit den beiden Bildnissen des Antoine de Bourbon von
Navarra, die allerdings verschiedene Originale verrathen; Nr. 174 hat gelblichgrauen, Nr. 175 dunkel-
grauen Fond.

Für unsere Aufgabe ist es nun wichtig, zu bemerken, dass die Anwendung des wie mit goldigem
Lichte durchzogenen gelblichgrauen Grundes bei den meisten jener Bildnisse getroffen wird, welche
wir oben — allerdings nur auf dem Wege der Vermuthung — Francois Quesnel, dem Liebling des
Königs Heinrich III. und seines Hofes, zugeschrieben haben. Es ist daher zu vermuthen, dass Busbeq,
sei es direct oder durch Vermittlung des Hofes, einen beträchtlichen Theil der französischen Bild-
nisse für den Erzherzog dem genannten Meister oder seinen Gehilfen und Schülern zur Ausführung
übergab.

Aufschriften fehlen auf elf unserer Bilder.1 Alle anderen sind mit solchen versehen. Die an
den italienischen Porträten so häufig vorkommende Schrift in weisser oder gelber Oelfarbe ist hier
ganz ausgeschlossen.2 Silberschrift findet sich nur auf i3 Stücken, und zwar auf den ältesten Königs-
bildern3 und auf einigen von Celebritäten, von welchen die Originale zum Theile nicht in Paris ent-
standen sind.4 Alle übrigen haben Goldschrift, auf den Königsbildern anfangend von Caterina de' Medici
und auf jenen der Celebritäten wiederkehrend, ohne Rücksicht auf Rang oder Parteistellung der Dar-
gestellten.

Da die französischen Bildnisse in ihrer dermaligen Aufstellung einen Theil der Tafel B im Saale
XV des Hochparterres des k. k. kunsthistorischen Hofmuseums bilden und an jene der spanischen Cele-
britäten anschliessen, die bis Nr. 157 jener Tafel reichen, folgen sie hier unter Nr. 158 bis 211 A. Wie
in allen anderen Abtheilungen sind auch in der französischen die Celebritäten nach dem Alphabet der
Namen geordnet. Es muss aber bemerkt werden, dass hiefür nicht immer der Familienname son-
dern häufig der Beiname massgebend war, durch welchen sie schon zu ihrer Zeit von anderen Mit-
gliedern derselben Familie unterschieden wurden und es noch heute werden. Durch Berufungen an
den einschlägigen Stellen wird für die Auffindbarkeit der Bildnisse gesorgt werden.

Aeltere Könige.

Das älteste Bildniss, welches zur französischen Reihe gezählt werden darf, findet sich im Stamm-
baume des Erzhauses und ist unter den diesem entnommenen Porträten bereits besprochen worden.
Es betrifft die erste Gemahlin des Herzogs Rudolf III., Königs von Böhmen, Blanche, Tochter des
Königs Philipp III. des Schönen von Frankreich; sie war geboren um 1284, vermählt i3oo und starb

1 Es sind die Nummern 162, 165, 166, 168, 175, i83, 189, 197, 202, 205, 206.

2 Nur auf dem nach einem niederländischen Originale copirten Porträt des Grafen von Hoorn (Nr. 198) begegnet
eine solche; das Bild gehört nur nach der Abstammung des Dargestellten, nicht nach der Malweise in die französische Reihe.

3 Nr. 158—160, 163. Nr. 161 (Ludwig XII.) hat, obwohl das Original aus Italien stammt, Goldschrift.

4 Nr. 180, 194 (aus Italien). — Nr. 185, 190 (aus Lyon). — Ferner die wohl in Paris gemalten: Nr. 178, 185A, 201,
204, 211.
 
Annotationen