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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Portätsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol
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https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0059
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52

Friedrich Kenner.

Katholiken, namentlich in Paris, über die in Aussicht stehende Thronfolge Heinrichs (IV.) von Navarra, des
Führers der Hugenotten, führten zur Bildung der heiligen Ligue zwischen den Herzogen von Guise als den Füh-
rern der Katholiken (Nr. 197 und 202) und Philipp II. (1584), welcher König Heinrich III. unter Vermittlung seiner
Mutter sehr bald selbst beitrat (1585). Der darüber neu ausbrechende Hugenottenkrieg brachte, da von beiden
Seiten Siege erfochten wurden (1586, 1587), keine Entscheidung; wohl aber entstand in Paris ein Aufstand (Mai
1587), welchen der Herzog von Guise durch sein unbewaffnetes Erscheinen in den Gassen der Stadt zu beschwich-
tigen vermochte, worauf der König ihn zum Generalstatthalter ernannte und in Chartres die Unionsacte unter-
zeichnete. Aber schon im October 1587 wurde Heinrich III. durch die von ihm veranlasste Ermordung des Henry

Guise und seines Bruders, des Cardinais Louis, völlig
isolirt und trat nun auf die Seite des Königs von Na-
varra, mit dessen Hilfe er Paris einzunehmen gedachte,
als er, in St. Cloud von dem Dominikaner Jacques Cle-
ment ermordet, am 2. August 1588 starb. Sein Nach-
folger Heinrich IV. Hess die Leiche nach St. Corneille
in Compiegne übertragen. — Seine Ehe mit Louise
von Lothringen (Nr. 171) blieb kinderlos.

Von der zierlichen Goldschrift nur mehr
wenige Reste heNRICus .... Brustbild rechts, im
Dreiviertelprofil, mit schmalen dunkelbraunen,
seitwärts blickenden Augen, die Brauen, der kurz-
geschnittene Vollbart und die reiche, in der Mitte
getheilte Perrücke schwarz, lange, vorne breite
Nase, kleiner, etwas schiefer Mund, faltige Wangen.
Auf dem Scheitel ein kleiner schwarzer, faltiger
Hut, in der Mitte (nach vorne) eine weisse Feder,
die mit einem Kleinod (dunkler Edelstein mit Gold-
fassung) festgehalten ist; die breite Halskrause mit
Spitzen besetzt, in lederfarbigem Rocke mit schma-
len Ausschnitten, am oberen Theile der Brust mit
Knöpfen, die aus je fünf Perlen bestehen, geschlos-
sen. Um die Brust eine Kette aus drei Reihen von
Perlen, die von Kleinoden (rothe und dunkle
Steine in zierlicher Goldfassung) unterbrochen
sind; ähnlicher Schmuck findet sich auch an der
rechten Achsel. Das Mäntelchen, über die linke Schulter geworfen, ist schwarz und am Rande mit
Silberstickerei verbrämt. Grund grau. — Katalog Nr. 226.

München, Fäckler, Inv. f. 3oo3, 3o83 (v. Reber, p. 27) verschollen.

Die Zeit der Entstehung des Bildes lässt sich insoferne bestimmen, als es nach dem Alter des Dar-
gestellten und der Hutmode zwischen anderen, ungefähr datirbaren steht. Der König ist hier entschie-
den älter als in der Miniatur in Hamilton Palace,1 welche ihn in ganzer Figur stehend gibt, den Hut
bis in die Stirne hereingerückt, ohne Ohrgehänge, mit ähnlicher Perlenkette wie in unserem Bilde.
Man darf das Alter auf 18—20 Jahre schätzen, wonach das kleine Gemälde um 1570 entstanden sein
müsste, als der Dargestellte weder König von Polen noch von Frankreich sondern noch Herzog von
Anjou war; es wird Francois Clouet zugeschrieben. In den bekannten späteren Porträten im Louvre2
und in Versailles3 erscheint Heinrich älter, mit dem Orden des heiligen Geistes und mit Perlen im
Ohre; das Hütchen ist auf ersterem wie in der eben genannten Miniatur getragen, auf letzterem wie in
unserem Bilde nach rückwärts geschoben, so dass es nur das Hinterhaupt bedeckt und die Perrücke4

1 Abgebildet bei Bouchot, Les Clouet, p. 33. — Ziemlich ähnlich, die Hutfeder seitwärts, bei Rovillius II, 296.

2 Lichtdruck in Spamer's III. Weltgeschichte V (3. Auflage), S. 663.

3 Tome IX, Serie IX, Section 1, Nr. 1153. Aehnlich bei Delpech, Tome I, unter Henry und im Hist. Porträtwerk
von W. v. Seidlitz I, II, Taf. 25, nach dem Kupferstiche von Wiera, hier beträchtlich älter.

4 Er trug den Kopf geschoren und darüber eine grosse Perrücke, endlich über dieser ein kleines Hütchen (il portoit
lui-meme un petit bonnet comme d'un enfant, qui avoit un borlet descoupe ä taillades de travers et sur iceluy une plume
 
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