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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Portätsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol
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https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0065
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58

Friedrich Kenner.

Die Leiche wurde anfänglich in der Gruft der Bourbon zu Vendome, späterhin im Sinne ihres letzten Willens in
Lescar neben jener ihres Vaters beigesetzt.

Ungleiche Buchstaben in Gold: REGINA NAVARR^E. Brustbild links, im Dreiviertelprofil, die
grossen, mandelförmigen Augen graublau, die Brauen und die gewellten Scheitel des Haupthaares
röthlichblond, lange höckerige Nase, gespitzter Mund mit voller Unterlippe, kurzes Kinn; auf dem
Kopfe ein weisses Häubchen, dessen Rand mit einer Krause und einer Kette von Kleinoden (dunkle

Edelsteine in Goldfassung) geziert ist; darüber
ein weisser Hut mit breitem schwarzen Rande,
der mit einer Zierschnur aus ähnlichen Klein-
oden und Perlen wie mit einem Diademe belegt
ist; von ihm fällt der schwarze Schleier in den
Rücken herab. Das ausgeschnittene Kleid ist
schwarz, mit Silberstreifen und Perlenschnüren
geschmückt, die durchsichtige Chemisette mit
offener Spitzenkrause versehen. Das Halsband be-
steht aus ähnlichen Kleinoden und Perlen wie der
Schmuck des Hutes. Grund gelblichgrau. Sehr
sorgfältige Copie. — Katalog Nr. 231 (hier als
zweite Gemahlin Heinrich IV., Maria de' Medici,
bezeichnet).

Von den nicht wenigen Bildnissen der Kö-
nigin ist das vorliegende verschieden, von den
farbigen Zeichnungen der Nationalbibliothek,1 in
Howard Castle2 und Staffordhouse3 ebenso wie
von jenen, welche Dreux de Radier,4 die Re-
cueil von Velly, Villaret und Garnier,5 und Del-
pech6 benützten, endlich von dem in Versailles
befindlichen Gemälde.7 Dagegen scheint ein
kleines Bild, welches Niel bei Marquis Biencourt
sah,8 nach der Beschreibung unserem sehr ähn-
lich zu sein; das lichtkastanienbraune Haar ist
in der Mitte getheilt, an den Seiten in Knoten geordnet, ein schwarzer Schleier fällt in den Rücken
hinab, die Chemisette ist am oberen Ende mit einer kleinen Spitzenkrause besetzt, ein reiches Hals-
band über die Chemisette gelegt, das Kleid schwarz. Niel datirt es auf 1562, nach dem Tode
des Antoine de Bourbon, und schreibt es Clouet zu, ohne entscheiden zu wollen, ob es ein Ori-
ginal oder eine alte Copie sei. Das charakteristische Merkmal ist das Halsband aus Kleinoden in
Verbindung mit dem Schleier, welche beide vereinigt von allen oben genannten Gemälden und Zeich-
nungen nur das kleine Bild des Marquis Biencourt und unseres zeigen. Auch das Alter von etwa
35 Jahren stimmt in beiden überein. In späteren Jahren trug sich Königin Jeanne als strenge Cal-

1 Bouchot, Portraits, p. 192. Eine von ihnen, in Trauer, wohl von Francois Clouet, ist abgebildet in dem Werke
von Niel (Tome II), der sie auf die letzten Lebensjahre der Dargestellten datirt.

2 Ronald Gower I, 21, 23 (als Kind), mit gleichem Hut und Schleier, nur die Chemisette verschieden, ohne Halsband.

3 Taf. 32, mit Häubchen, ohne Schleier, in Krause, Chemisette und mit einer Kette von Kleinoden auf der Brust.
Sie ist hier viel jünger dargestellt; die Jahreszahl 1570 bezieht sich auf die Zeichnung. Abgebildet im Gegensinne bei Del-
pech (siehe unten Note 6) und in Spamer's III. Weltgeschichte V (3. Auflage), S. 513, hier Francois Clouet zugeschrieben.

4 Tome II, Jahr 1572.

5 Tome II, Nr. 22 J.

6 Tome I, Jeanne, gleich dem in Note 3 erwähnten Bildniss.

7 Gal. hist. de Versailles, Tome X, Serie X, Section 3, Nr. 1892, ausgeführt in der Art des Corneille de Lyon; Jeanne
erscheint hier in tiefer Trauer. Das Bild hat wohl durch Uebermalung seinen Werth verloren.

8 Personnages les plus illustres, Tome II, Notice zu Jeanne d'Albret, p. 6. Das Bild ist nur 32 Cm. hoch, 23 breit.
 
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