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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Portätsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol
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https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0066
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Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol.

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vinerin mit gesuchter Einfachheit;1 dieser Umstand deutet ebenfalls auf die Zeit vor dem letzten De-
cennium ihres Lebens hin.

Die Gesichtszüge unseres Bildes sind, verglichen mit jenen der oben erwähnten Handzeich-
nung der Nationalbibliothek in Paris, vielleicht getreuer, jedenfalls aber unvortheilhafter wiederge-
geben als in dieser letzteren; hier waltet Geist und Noblesse, in unserem Bilde ungeschminkte Wahr-
heit und Trockenheit vor. Es ist in der Behandlung des Gesichtes einem später zu besprechenden
Bildnisse der Diane de France (Nr. 208) sehr ähn-
lich und kann etwa wie dieses — allerdings nur
auf dem Wege der Vermuthung — Francois
Quesnel zugeschrieben werden.

177. Catherine de Bourbon, Prinzessin
von Navarra,

Tochter des Antoine de Bourbon und der Jeanne d'Al-
bret, geboren in Paris am 7. Februar 1558, vermählt
am 3o. Jänner 1599 mit Heinrich Herzog von Loth-
ringen und Bar, ältestem Sohne des Herzogs Karl II.
und der Claude de France, Tochter des Königs Hein-
rich II. Sie starb kinderlos in Nancy am i3. Februar
1604 und ist dort beigesetzt. Sie war vielfach um-
worben, theils wegen ihrer geistigen Eigenschaften,
theils um Ansprüche auf Navarra zu begründen. Man
nennt den Herzog von Alencon (1582), den König
Heinrich III., den König von Schottland, den Herzog
von Savoyen, den Prinzen von Anhalt und Charles
de Bourbon, Comte de Soissons, welch' Letzterem
sie in der That ihre Neigung schenkte, als Bewerber;
alle Bemühungen scheiterten aber an ihrer Weigerung,
zum Katholicismus überzutreten, so sehr selbst ihr
Bruder, König Heinrich IV., dieses wünschte. In der
That wurde ihre endliche Vermählung ohne päpstliche
Dispens vollzogen und diese erst im Jahre 1603 ertheilt.

Zierliche Goldschrift: PRINCIPISSA NAVARRA.

Brustbild links, im Dreiviertelprofil, die grossen

Augen grau, die feinen, weitgeschwungenen Nr. 177.

Brauen und die hohen Scheitel des Haupthaares

blond, die Stirne hoch und breit, das Gesicht nach unten spitz zulaufend, Nase schmal und lang, die
Oberlippe kurz, der Mund sehr fein gebildet. Auf dem Kopfe ein Stuarthäubchen von weisser Seide,
mit Perlen geschmückt, in der Mitte ober der Stirne ein grosses Kleinod (vier rothe Steinchen, kreuzweise
um ein dunkles gestellt, alle in Goldfassung) mit drei grossen Perlen, die auf die Stirne herabfallen;
von der Haube reicht ein in weite Flügeln geordneter steifer Schleier über die beiden Schultern, am
Rande ähnlich wie die Haube selbst mit Perlen geziert. Solche bilden auch die Ohrgehänge. Die breite
Halskrause enge an das Gesicht schliessend, darunter ein Halsband aus Goldarbeit und rothen Stein-
chen, dazwischen grosse ovale Perlen, welche auf die Chemisette herabfallen; letztere durchsichtig und
melonenformig eingezogen, das schwarze ausgeschnittene Kleid mit Kleinoden, Perlen und Goldstickerei
geziert. Grund dunkelgelbgrau. — Katalog Nr. 232 (von Primisser als »eine Tochter Heinrichs IV.«, von
Sacken als Henriette, dritte Tochter Heinrichs IV., Gemahlin Königs Karl I. von England, bezeichnet).

Das Gemälde in Chäteau d'Eu, nach welchem jenes in Versailles copirt ist,2 gibt die Prinzessin
in anderer Kleidung und noch jünger als unser Bild, wenngleich sie auch in diesem kaum mehr als

1 Jeanne dAlbret (v. Mongez), Paris 1862, p. 416. Der Verfasser kennt nur sehr wenige Bildnisse aus ihren jün-
geren Jahren, die sie im »Apparat« zeigen.

2 Gal. hist. de Versailles, Suppl. Tome V, ohne Tafelnummer. — Aus Blois führt Bouchot (Portraits, p. 347, 2mc
Tableau, Nr. 2) ein Bildniss der Prinzessin im Dreiviertelprofil links, mit Diadem auf, welches nach diesen Merkmalen un-
serem kleinen Gemälde ähnlich sein dürfte.

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