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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Portätsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol
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https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0073
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Friedrich Kenner.

dunkelrothen, eingestickten Zierstreifen versehen, darüber ein Mantel aus schwarzem Stoffe mit ähn-
lichen Zierstreifen und einem grossen rothen Kreuze auf der linken Seite. Grund grasgrün, ins Lich-
tere spielend. — Katalog Nr. 821.

Von den zahlreichen Bildnissen des Admirals gibt es keines, das mit dem vorliegenden in Ver-
bindung gebracht werden könnte;1 ja es fällt nach der Malweise ganz aus der Reihe unserer französi-
schen Bilder heraus. Der Kopf ist in kleinerem Massstabe, mit kräftigen Farben und tieferen Schatten

gemalt, der Hintergrund nur bei diesem grasgrün.
Aehnliche Handzeichnungen älterer Zeit gibt es
nicht,2 ja ich habe eine gleiche Darstellung weder
in Kupferstichen noch in Porträtwerken gefunden.
Wir dürfen daraus schliessen, dass das Original
wenig bekannt war, wenngleich es sich zur Zeit,
als die Copien unserer französischen Bilder gemalt
wurden, in Paris befunden haben muss. Sicher ist
es nicht daselbst entstanden.

Ueber den Meister des Originales lässt sich
nur eine Vermuthung aussprechen, welche sich auf
die Farbe des Hintergrundes stützt. Sie ist ein
charakteristisches Merkmal des Corneille de
Lyon, auch Corneille de la Haye, de Laye und
Cornelisz genannt, eines Niederländers, der sich
in Lyon niederliess und zwischen 1530 und 1550
im Porträtfache blühte.3 Unter Anderen zeichnete
er 1548 den König Heinrich II. und Caterina de'
Medici, als sie auf der Rückreise von Turin durch
Lyon kamen, nebst den Herren und Damen des
Gefolges in Skizzen, nach denen er Porträte aus-
führte, die er in seiner Chambre aux peintures
aufstellte; sie bilden die Quelle für die kleinen
Porträtzeichnungen in dem schon öfter von uns
genannten Werke des Rovillius. Nun ist Gaspard
in unserem Bilde mit mindestens 3o Jahren dargestellt, wonach das Original frühestens 1546 entstanden
ist. Da ihm ferner in der Aufschrift noch nicht der Titel eines Admirals, der ihm seit dem Jahre 1552
zur Unterscheidung von seinem Vater, Gaspard I., stets beigelegt wird, gegeben ist, muss das Original
unseres kleinen Gemäldes vor dem eben genannten Jahre, also zwischen 1546 und 1552, hergestellt
worden sein. Wir wissen nicht, ob sich Gaspard II. im Jahre 1548 im Gefolge des Königs zu Lyon
befand; aber die Zeit der Entstehung des Originales fällt noch in die Blüthe des genannten Meisters
und der eigenthümlich gefärbte Hintergrund weist gleichfalls auf ihn hin.

185 A. Nicht ausgestellt. Zierliche Silberschrift: ADMIRALIVS FRANCIE. Brustbild links, im Drei-
viertelprofil, die Augen dunkelblau, Haupthaar und Vollbart sehr kurz, dunkelblond mit Grau gemischt,

1 Vgl. Gal. hist. de Versailles, Tome IX, Serie IX, Section 2, Nr. 2205. — Das Gemälde der drei Coligny im Haag,
siehe oben, S. 60, zu Nr. 178. •— F.in Clouet zugeschriebenes Gemälde in Grenoble zeigt grauen Bart (Richesses d'art de la
France VI, p. 16). — Wieder ein anderes ist in der spanischen Ausgabe von Forneron's Philippe II, von Cecilio Navarro,
1884, S. 217, abgebildet. — Vgl. auch unten, S. 71, zu Nr. 190.

2 Erzherzogliche Kunstsammlung Albertina in Wien, mit der Beischrift: L'admiral de Chastillon, Dreiviertelprofil,
mit rothem niederen Hut, Krause, rothem Rock und breiter Pelzverbrämung des Oberkleides. Sehr ähnlich jener von
Clouet (siehe Folgendes). — Niel, Tome II. Zwei Zeichnungen, davon eine von Clouet, auch bei Bouchot, Les Clouet, p. 3o.
— Ronald Gower, Howard Castle I, 35; Staffordhouse, f. 36. — Endlich Bouchot, Portraits, p. 161.

3 Bouchot in der Gazette des beaux-arts 1887, XXXVI, p. 219. Noch im Jahre 1564 besuchte die Königin Catarina
sein Atelier in Lyon und seine Porträtsammlung; sie Hess ihm durch König Karl IX. ihre besondere Zufriedenheit aus-
sprechen und verlieh ihm als Zeichen derselben den Nachlass des Pierre Breyssard.
 
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