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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Portätsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol
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https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0100
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92

Friedrich Kenner.

die Vorlage unseres Bildes eine der Aufnahmen von Zucchero zu bezeichnen. Er kam, von Rom ver-
bannt, im Jahre 1574 1 nach London, also gerade um die Zeit, auf welche das Aussehen der Königin
in dem vorliegenden Bilde hinweist; auch kommt dieses dem von ihm geschaffenen Typus ihres Por-
trätes unter allen anderen Darstellungen der Königin noch am nächsten. Auch von anderen Gemälden
ist das vorliegende Porträt in Ausstattung und Kleidung verschieden, wie viel es ihrer auch gibt,2 so
dass das Original als verschollen betrachtet werden kann.

Die beiden Schmuckstücke an der linken Brustseite, der Onvxcamee und das Sträusschen von
gelben Blümchen, kehren auf einem viel späteren Bildnisse der Königin wieder; es befindet sich in der

Porträtgalerie in South-Kensington3und wird Marc
Gheeraedts, einem Maler aus Brügge, der zwischen
1580 und 1635, seinem Todesjahre, in England
thätig war, zugeschrieben. Hier hat die Königin
einen Camee mit St. Georg auf der Brust und hält
in der rechten Hand einen Strauss von Stief-
mütterchen. Das Relief des Camees auf unserem
Bilde ist nicht wahrnehmbar. Die Form erinnert
aber lebhaft an den Onyx der kaiserlichen Cameen-
sammlung, der in diesem Jahrbuche veröffentlicht
wurde.4 Die Königin pflegte schon vor 1571 ihren
»Knights of the Garter« (Ritter des Hosenband-
ordens) Cameen mit ihrem Bildnisse zu verleihen.

213. Zierliche Schrift in gelber Oelfarbe:
ELISA BETA REGINA ANGLLE. Brustbild links, fast
von vorne, die Augen dunkelbraun, Brauen nicht
angedeutet, das röthliche Haupthaar in zwei Rei-
hen von Löckchen angeordnet, darüber ein rothes
Häubchen, mit schwarzen, kreuzweise gestellten
Perlen geziert, zwischen welchen sich kreuzende
Schnüre weisser Perlen aufgelegt sind, hohe, zu-
rücktretende Stirne, das alternde, faltige Gesicht
Ur- 213, blass, gerade Nase, kleiner Mund mit vorragender

Unterlippe, das Ohr klein, die vorne offene Che-
misette in Gold gestickt und ebenso wie die Halskrause in Gold gerändert, das Halsband Gold mit
dunklen Perlen, die ein rothes Steinchen umgeben, und mit Kleinoden in Goldfassung besetzt; das
Mittelstück bildet ein schwarzer Stein auf rother Scheibe, die mit einem breiteren weissen Streif um-
geben ist; die Anhänger bestehen aus einem blauen Steine in Goldfassung und einer grossen Perle.
Auf der Brust drei feine Goldketten; die Chemisette ist nahe der rechten Achsel und an der Brust mit
Zierstücken aus drei nebeneinander oder ins Dreieck gestellten dunklen Steinchen geschmückt. Das
rothe Kleid ausgeschnitten, am Brustsaum mit weissen Perlen und Kleinoden aus dunklen Steinen be-
legt, von deren grösserem in der Mitte eine Perle herabfällt. 'Der Spitzleib zeigt lichterrothe, mit Gold

1 George Scharf, Catalogue der National Portrait Gallery, Soulh-Kensington, London 1884, p. 440.

2 Dies gilt von allen, welche Mandell Creighton publicirt, ebenso ferner von den Bildnissen der National-Porträt-
galerie (G. Scharf, a. a. O., S. 123 f.), in welchen sie bald in anderem Kleide (Hilliard und anonymer Meister), bald in
höherem Alter (Zucchero?, Gheeraedts) gegeben ist; dann von dem Gemälde des Frans Pourbus des Aelteren im Rijksmuseum
von Amsterdam (Nr. 3io, blaues Kleid mit rothen Aermeln, Krone) und, mit Ausnahme des oben, Note 2, genannten, von den
zahlreichen Kupferstichen, welche die Familien-Fideicommiss-Bibliothek verwahrt. Das Bildniss in München, Fickler, Inv.
fol. 285g (v. Reber, p. 3l) ist verschollen.

3 G. Scharf, a. a. O., S. 125, d) im Gegensinne von unserem Bilde.

4 Band IV (1886), S. 25. Ein ähnlicher Camee in Windsor Castle; vgl. Fortnum in der Archeologia XLV (1880),
p. 16, pl. IV.
 
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