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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Portätsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol
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https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0120
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I I 2

Friedrich Kenner.

bart; die Züge sind im Wesentlichen dieselben, wenngleich mehr oder weniger fein, je nach der Art
des Copisten wiedergegeben. Wir werden daher nicht fehlgehen, wenn wir unsere beiden Bilder, so
verschieden sie auf den ersten Anblick sind, auf die gleiche in Italien entstandene Vorlage zurückführen.
In älterer Zeit sind gemalte Bildnisse für Liebhaber und Sammler nicht selten nach Originalzeich-
nungen oder nach gezeichneten Copien von Originalgemälden, in welchen die Farben nicht angegeben
waren, hergestellt und verbreitet worden, woraus sich die Verschiedenheiten in der Farbengebung bei
gleicher Zeichnung erklären, oder sie wurden nach Holzschnitten oder Kupferstichen, die im Abdrucke
verkehrt kamen, angefertigt und stellen das gleiche Bildniss im Gegensinne dar. Auch konnte es bei
wiederholten Copien nicht fehlen, dass Einzelheiten in der Kleidung, namentlich mühsame Stoffmuster
weggelassen, andere missverstanden wurden und auf diese Weise Abweichungen und Fehler sich ein-
stellten.

Die eine unserer beiden Copien (Nr. 2), die wir von Schrenk, Capriolo und Totti benützt finden,
gehört zu dem in Florenz entstandenen Theile unserer orientalischen Bildnisse, die von dem Copisten F1
gemalt sind. Die unmittelbare Vorlage dieser Copie befand sich also wahrscheinlich in Florenz. Das
andere Bild (Nr. 1) ist eine der schon oben geschilderten venezianischen Copien. Die harmonische,
discrete Farbengebung erinnert lebhaft an die Darstellung des heil. Lorenzo Giustiniani von Gentile
Bellini, von dem eine Copie auch in unserer Sammlung vorhanden ist.2 Wie hier ist auch in unserer
venezianischen Copie des Castriotabildes die Malweise desselben Meisters trefflich wiedergegeben; es
besteht zwischen beiden Porträten eine Verwandtschaft, die sich nicht blos auf die äusserliche Wieder-
gabe beschränkt sondern tiefer in die Art der Auffassung und der Composition hinein erstreckt. DieVer-
muthung, dass Bellini auch das Original unseres Bildes von Skanderbeg (Nr. 1) gemalt habe, wird durch
das Zusammentreffen verschiedener Umstände unterstützt. Die Anzeichen seines Lebensalters berech-
tigen uns, die Originalaufnahme in die Zeit seines Besuches in Venedig im Jahre 1466, d. i. in sein
62. Lebensjahr zu versetzen. Vier Jahre früher war Gentile aus Padua nach Venedig zurückgekehrt;
1465, also nur ein Jahr früher, malte er den heil. Lorenzo für S. Maria dell'Orto, der unserem Bildniss
des Helden verwandt ist. Es entspricht endlich ganz der Uebung jener Zeit, dass Gentile den Auftrag
erhielt, das Bildniss des berühmten Vorkämpfers der Christenheit, welcher damals in ein sehr nahes
Verhältniss zur Republik trat, während er selbst in Venedig anwesend war, zu malen. Mit den Skizzen,
die der Meister dazu entwarf, stehen wahrscheinlich der grosse Holzschnitt von Bernardinus Venetus,
das Bildniss bei Giovio und unsere Copie im Zusammenhange. Letztere steht also dem Originale gewiss
näher als unsere andere Copie aus Florenz, welche uns von den mannigfachen Entstellungen und
Veränderungen der Nebendinge, denen die Originale von Seite verschiedener Copisten im Laufe der
Zeit ausgesetzt waren, eine ungefähre Vorstellung gewährt.

Wallachei.

3. Woiwode Vlad Zepech,3

Sohn des Vlad Drakul, nach diesem auch selbst Drakul und nach der von ihm zumeist angewendeten Todes-
strafe des Pfählens der Pfähler oder Pfahlfürst genannt, erlangte durch unerhörte Grausamkeit eine traurige
Berühmtheit im Abendlande. Ein Feind und Hasser der Türken, erwiderte er ihre barbarische Kriegführung mit
gleichen oder noch grösseren Greueln der Verwüstung, war übrigens ein tapferer Krieger und treuer Anhänger
der Christen in ihrem Kampfe mit dem Erbfeinde. Im Jahre 1456 durch die Mitwirkung des Königs Ladislaus
(Posthumus) von Ungarn zum Throne gelangt,4 suchte er, da Mahomet II. den herkömmlichen Tribut der
Wallachei erhöhte, sich von diesem ganz zu befreien und schloss wahrscheinlich zu diesem Zwecke ein Bündniss

1 Jahrbuch XVIII (1897), S. i83. — Vgl. oben, S. 104.

2 Jahrbuch XVII (1896), S. 153, Nr. 20.

3 Die erste kritische Untersuchung über ihn stellte Herr Prof. Joan Bogdan in Bukarest auf Grundlage heimischer
Archivalien an in dem Werke: Tepes, si naratiunile germane si Rusesti asupra lui. (Mit fünf Porträten.) Bukarest 1896.
Für die Güte, mit welcher der Verfasser bei der Abfassung der folgenden biographischen Skizze behilflich war, spreche ich
hier meinen wärmsten Dank aus.

4 Ebenda, S. II.
 
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