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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Portätsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol
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https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0139
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i3o

Friedrich Kenner.

Dreiviertelprofil links vor, welche durch die reiche Verzierung des Hutes, des Kleides und Mantels mit
Gold, Perlen und Edelsteinen an die Ausdrücke, die Vasari von dem Tizianischen Bilde gebraucht, er-
innert. Dieses Bildniss ist aber als solches von unserem kleinen Gemälde ganz verschieden, indem es eine
etwas ältere Dame darstellt, deren Schleier das Antlitz ganz frei lässt und in den Rücken hinabfällt.
Unser Bild gehört allerdings dem venezianischen Bestandtheil unserer Orientalen an, das Original oder
eine Wiederholung wird also in Venedig zu suchen sein; ob es aber irgendwie mit Tizian in Verbindung

gebracht werden darf, muss dahingestellt bleiben.

17. Dumelia (sie). Das gleiche Bildniss, wie
das im Folgenden beschriebene, erscheint auf einem
von Cock herausgegebenen Kupferstiche mit der Um-
schrift: CAMELIA SOLIMANNI DVODECIMI IMPERATORIS
TVRCARVM OTOMANI FILIA.1 Es ist also in der Aufschrift
unseres Bildes »Dumelia« verlesen und am Ende der-
selben statt »filia« »uxor« beigefügt, ein Irrthum, der
insoferne begreiflich ist, als auch sonst wohl Gemah-
linnen, nicht aber Töchter von Sultanen in der Reihe
alter osmanischer Bildnisse vorkommen. Die Bezeich-
nung »Cameria figliola del gran Turco« finden wir
auch bei Vasari2 vor; in den Uffizien steht auf dem
betreffenden Gemälde: »Gameria figlia di Soliman-
no IL«, während nirgends der Name Dumelia und die
Bezeichnung »uxor« getroffen wird.3 Es ist also in
dem folgenden Bilde Cameria oder Camelia, die
Tochter Soliman's und der Sultanin Chasseki Chur-
rem (Roxelane), dargestellt, welche Chanum hiess
und den Beinamen Mirmah (Sonnenmond) führte;
der Name Silcir, der ihr in unserem Bilde beigelegt
wird, gibt keinen Sinn und ist kein türkisches Wort;
Nr- l7r er scheint ebenfalls verschrieben zu sein, ohne dass

sich errathen Hesse, was ursprünglich an seiner Stelle
gestanden habe. Mirmah wurde 1544 mit dem Grossvezier Rustem Pascha vermählt4 und erwies sich
durch den Bau zweier Moscheen in Constantinopel sowie einer Wasserleitung in Mekka, noch mehr
aber durch die Anregung kriegerischer Unternehmungen gegen die »Ungläubigen« als eifrige Maho-
medanerin.

Zierliche Silberschrift: DVMELIA SILCIR SOLl|MANI TVRC: IMP: | VXOR Brustbild links, im
Dreiviertelprofil, die seitwärts blickenden Augen und die feinen hochgeschwungenen Brauen braun,
das Haupthaar, soweit es sichtbar, aschblond, kurze, etwas steile Nase, Mund und Ohr klein, in letz-
terem ein zierliches Gehänge aus Gold; auf dem Kopfe ein mit weissem durchsichtigen Stoffe über-
deckter hoher Hut, der über der Stirne einen Wulst bildet, in dessen Mitte eine Agraffe (dunkler
zwischen vier rothen Steinen in Goldfassung) sitzt; der Hut selbst auf der Vorderseite mit Goldborden

regumque Persiae et aliorum inde ab Osmanno ad Manometern secundum heroum ac heroinarum expressae ad vivum icones,
ex Goltzii aliorumque numismatibus summo labore studioque divulgatae a — —.

1 Kupferstich im Codex 26 der Ambrasersammlung, Fig. 35.

2 Vasari-Milanesi VII, p. 456.

3 Das lebensgrosse Bild in Ambras (Ilg und Boeheim, Das k. k. Schloss Ambras, S. 112, Nr. 164), ebendort gemalt,
hat keine Aufschrift.

4 Hans Lewenklau (Leunclavius), Neuwe Chronica Turckischer Nation etc., Franckfurt a./M. 1595, die nach treff-
lichen türkischen Quellen gearbeitet ist, sagt S. 56, v. 10—20: »Er (Soliman) hett aber auch andere Kinder mehr, von einer
Reussin (d. i. eben Roxelane), so trefflich schön soll gewest seyn: nemlich vier Söhne, Muchemet, Selim, Baiasit, Ziangir:
vnd eine Tochter Chameria, welche dem Rustan Basse ha, dess Sultans Vezir, vermählet war.«
 
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