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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Portätsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol
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https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0140
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Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol.

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geschmückt; von der flachen oberen Kante fällt der Schleier in den Rücken hinab. Das enge Kleid
hochroth, ohne alle Verzierung; in dem kleinen Ausschnitte am Halse ist eine weite weisse Chemisette
sichtbar, welche bis zur Hälfte des Halses hinaufreicht. Grund schwarz. — Katalog Nr. 672.

Dem schon erwähnten Kupferstiche bei Cock ist das vorliegende Bild ganz ähnlich; nur sind auf
letzterem die zierlichen Goldstickereien des Kleides weggelassen. Ob die Vorlage das von Tizian ge-
malte Bildniss der Prinzessin war, lässt sich, da letzteres verschollen ist, nicht nachweisen. Dass auch
diesem Gemälde des grossen Meisters eine in Constantinopel entstandene Naturaufnahme, sei es eine
gemalte oder gezeichnete, zu Grunde liegt, ist schon darum wahrscheinlich, weil Tizian selbst nicht
in der Hauptstadt des türkischen Reiches weilte und auch das Bildniss des Sultans Soliman nach einer
ihm zugegangenen Vorlage malte. Die vorliegende Copie gehört in der That dem venezianischen Be-
standteile unserer Orientbilder an; die Vorlage muss sich also in Venedig befunden haben. Eine ge-
wisse Aehnlichkeit der Hutform und der Kleidung zwischen dem Gock'schen Kupferstich mit dem
Bildnisse der Camelia und jenem von Brye mit dem Bildnisse der Rossa soll hier im Vorbeigehen erwähnt
werden; an eine Verwechslung ist nicht zu denken, da Alter, Blick und Gesichtszüge verschieden sind.

Osmanische Feldherren.

18. Ajas,

ein christlicher Albanese aus Kimaria gegenüber von Corfu,1 dessen drei Brüder später als Mönche in Valona
lebten, scheint im ersten Jünglingsalter in Folge des Knabenzehents ausgehoben und für den Janitscharendienst
ausgebildet worden zu sein. Er tritt als Aga der Jani-
tscharen zum ersten Male im aegyptischen Kriege Selim I.
hervor, in welchem er durch seine Tapferkeit viel zur
Besiegung des Nachfolgers des Kanssu Ghawri (unten,
Nr. 25), Tumanbay, beitrug, den er in der Schlacht von
Ummdinar am 26. März 1517 besiegen half, verfolgte und
gefangen vor den Sultan brachte. Er wurde hierauf Statt-
halter von Anatolien, 1521 von Haleb, machte 1522 die
Belagerung und Eroberung von Rhodus mit, wurde 1524
dritter Vezir, begleitete den Sultan Soliman II. auf seinen
Zügen nach Ungarn 1526 und 1529 und nahm an der Be-
lagerung von Wien Theil. Nach der Ermordung des all-
gewaltigen Grossvezirs Ibrahim (15. März 1536) erhielt er
dessen Stelle, die er nur drei Jahre aber mit dem Rufe
eines rechtlichen Mannes versah. Er starb in Constan-
tinopel an der Pest am i3. Juli 153g und soll 120 Kinder
hinterlassen haben.

Sehr zierliche Goldschrift: AIAX < AGA < Brust-
bild links, im Dreiviertelprofil, die grossen, seitwärts
blickenden Augen, die weiten flachen Brauen und
der lange, wagrecht abstehende Schnurrbart braun,
mageres Gesicht von dunkler Hautfarbe, die Nase
gebogen, lang und an der Spitze breit, der Mund
klein und voll, die Unterlippe vorragend, das Kinn
kurz und eckig; auf dem Kopfe ein grauer faltiger
Hut mit breitem Goldreif, der in der Mitte eine
zierliche Hülse zeigt, in welcher eine lange weisse
Straussenfeder gesteckt ist; diese reicht, einen hohen

Bogen bildend, über den Kopf zurück, fast bis zu den Schultern; das Unterkleid lichtrosaroth, der
umgeschlagene Kragen mit dunkleren Ornamenten durchwebt, die Aermel mit feinen Längsstreifen

Nr. 18.

1 Ist die Vorlage des unten beschriebenen Bildes, wie wir vermuthen, im Jahre 1517 in Kairo entstanden, so wäre
nach dem Aussehen in diesem Porträte der Aga damals 3o—35 Jahre alt gewesen, sein Geburtsjahr mithin zwischen 1482
und 1487 anzusetzen. — Seine Vaterstadt Kimaria, das alte Chimaera, zeigt Leunclavius in der Neuwe Türckischen Chronicka
(1595), S. 381, an.

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