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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

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Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Portätsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol
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https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0150
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Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol.

141

in zwei Reihen besetzt, über diesem ein faltiger weisser Burnus, der über die rechte Schulter und das
Hinterhaupt hinaufgezogen ist, darüber endlich eine weisse um den Kopf gewundene Binde.1 Die
sichtbare Rechte hält den Schwertgriff und deutet mit dem Zeigefinger auf das Hoheitszeichen in der
Linken. Dieses besteht aus einem goldenen Stabe, der, in drei Theile verzweigt, eine Art sehr hoher
Tiara aus Silber trägt, die mit sieben Kronreifen übereinander belegt ist und oben in einen Goldknopf
endet. Grund schwarz. — Katalog Nr. 681. — Roh aber sehr lebendig gemalte Copie.
Bei Jovius I, 252, gleich, mit vier Kronreifen auf dem Hoheitszeichen.

29. Sehr zierliche Goldschrift: SCYRIFFVS< MAG < REX< MAVRITAN Aehnliches Bildniss als Brust-
bild, sorgfältig gemalt; die das Gesicht umgebende Windung des weissen Mantels erscheint hier, miss-
verstanden, als schwarzes Halstuch, das graue Oberkleid ist mit einer schmalen Goldborde eingefasst,
auf der einerseits die Knöpfchen, andererseits die Knopflöcher erscheinen. Arme und Symbole sind
wegen Raummangel in dieser Copie weggelassen. Grund dunkelgrau. — Copist F. — Katalog Nr. 682.

Das Alter des Dargestellten und das seltsame Abzeichen seiner Souveränität, das wohl die Zahl
der von ihm eroberten Reiche andeutet und die päpstliche Tiara mit dem Triregnum überbieten soll,2
deuten auf die Zeit nach der Eroberung von Fez hin. Das Original müsste demnach zwischen 1548
und 1556 entstanden sein. Salah Re'is, der Anführer der Türken in Algier, setzte, nachdem er den
Scherif besiegt hatte, seinen Bundesgenossen Buhasson als König von Fez ein, der sich aber gegen
Mahomet nicht halten konnte und wieder verjagt wurde, worauf der Scherif unerhörte Erpressungen
und Proscriptionen in Fez folgen Hess. Wie Giovio erzählt, entfloh Buhasson nach Spanien und begab
sich von hier zu Kaiser Karl V. nach Deutschland, um seine Hilfe anzuflehen. Auch Giovio selbst
warnt den Kaiser, den Scherif nicht aus dem Auge zu verlieren, da er ungeachtet seiner 80 Jahre noch
sehr rüstig sei — er trinke nur Kameelmilch — und Anschläge auf Granada im Sinne habe, auch über
80.000 Reiter und 20.000 Fusssoldaten mit Gewehren und Geschützen verfüge; in der That war er
damals der mächtigste Fürst in Afrika. Dies trifft zeitlich zusammen mit dem neuen Zuge nach Tunis
unter Andrea Doria, Toledo und Vega, dem auch der alte Mulei Hasan sich anschloss (oben, Nr. 26);
es sollte wahrscheinlich der Kaiser bestimmt werden, wie Letzteren nach Tunis, so auch Buhasson
wieder nach Fez zurückzuführen. Gerade damals war also der Scherif eine auch für die Politik des
Abendlandes wichtige Persönlichkeit geworden; es begreift sich also, dass damals sein Bildniss gesucht
war. Sicher ist das Original nach dem Leben gemalt (darauf deutet schon die ganz eigenartige Erschei-
nung des Emporkömmlings hin) und befand sich die Vorlage zur Zeit Giovio's in Venedig; denn unsere
Copie gehört, so skizzenhaft, roh und flüchtig sie gemalt ist, doch allen Anzeichen nach dem venezia-
nischen Bestandtheile unserer Orientbilder an. Die Entstehung der Naturaufnahme wird also analog
jener der Mamelukensultane und der Schahe von Persien zu denken sein.

Abessinien.

30. Negus Etana-denghel (Thus virginis), auch Lebna-denghel (Styrax Virginis), seit dem
Antritte der Regierung David beigenannt,

ist unter diesem und unter dem Namen Preteianes3 in der Geschichte bekannt; er legte sich später auch den
Ehrennamen Wanga-Saghed (kostbarer Edelstein) bei. Er war der zweitgeborne Sohn des Königs Naod und der

1 Der Copist gibt das Original unverstanden wieder; richtiger erscheint bei Jovius (I, 252) das weisse Tuch um
Gesicht und Kopf gewunden, das Ende über die Schultern herabfallend, so dass das Gesicht wie aus einer Kapuze her-
vorsieht.

2 Die Analogie tritt durch den Gegensatz noch schärfer hervor. Der Scherif war ein Priesterkönig und erscheint
in seinem Bildniss als Priester aus der Familie der Propheten. Seinem Barbarenstolze mochte es schmeicheln, seine grössere
materielle Macht der geistigen Macht des Oberhauptes der ihm verhassten Christen, des Priesterkönigs in Rom, gegenüber-
zustellen.

3 Der Ursprung des Namens ist dunkel und wurde verschieden gedeutet. Man stellte ihn zusammen mit Priester
Chan, d. i. princeps Adoratorum oder Christianorum; in Italien machte man daraus prete Gianni (Giovanni), d. i. presbyter
Joannes (Preteianes).
 
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