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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

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Abhandlungen
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Hermann, Hermann Julius: Miniaturhandschriften aus der Bibliothek des Herzogs Andrea Matteo III. Acquaviva
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https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0207
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Hermann Julius Hermann.

Andrea Matteo mit Isabella damals meist in seinem Stammland weilte und, wie es scheint, Schreiber
und Miniatoren mit der Ausführung von Classikerhandschriften viel beschäftigte.

Ehe wir die künstlerische Stellung des Reginaldus fixiren, betrachten wir die übrigen Hand-
schriften des Herzogs.

3. Aristoteles1 Rhetorik.

(Wien, Hofbibliothek, Codex Phil, graec. 29.)

Ein Folioband, 220 Mm. breit, 320 Mm. hoch, mit g3 feinen Pergamentblättern mit Goldschnitt,
in einfachem modernen Schweinslederband aus dem Jahre 1754. Die schöne griechische Minuskel
rührt von derselben Hand her wie die der später zu besprechenden Xenophonhandschrift; am Schlüsse des
Textes findet sich auch das Schreiberzeichen des Angelos Konstantinos wie in dem genannten

Manuscripte und in der Ethik. Spricht schon die Schrift für einen gemeinsamen Ursprung mit den Hand-
schriften des Herzogs, so bekräftigt dies noch das treffliche Titelblatt, welches zweifellos von dem Maler
der zweiten und vierten Miniatur des Codex Phil, graec. 2 herrührt. Die Handschrift stammt aus dem Be-
sitze des Sambucus, wie aus seiner eigenhändigen Notiz auf f. 1 hervorgeht: »Joan. Sambuci Pannonii
5 A1«; er hat sie um 5 Ducaten offenbar in Italien erworben. Nessel vermuthet in seinem Katalog der
griechischen Handschriften, dass die Handschrift sich einst in der Bibliothek des Mathias Corvinus
befunden habe; doch, wie mir scheint, mit Unrecht. Die Uebereinstimmung mit den übrigen Miniaturen
des Miniators, auf die wir im Folgenden zu sprechen kommen, überzeugt mich davon, dass das Manu-

Fig. 8. Wien, Cod. Phil, graec. 29, f. 1: Randleiste mit dem Bilde der Rhetorik.

script für Andrea Matteo ausgeführt wurde. Der Schreiber ist ein Apulier; die Miniaturen,welche auf
die Zeit um 1500 deuten, tragen ganz das Gepräge der übrigen Handschriften des Herzogs. Die künst-
lerische Ausstattung beschränkt sich auf ein Titelblatt (f. 1), welches mit einer reizenden Randleiste
geschmückt ist. Sie besteht aus prachtvollen goldenen Renaissanceranken auf äusserst zartem hell-
blauen Grunde, die in ihren Motiven mit der Randleiste des Titelblattes der Apuleiushandschrift genau
übereinstimmen. Beide rühren zweifellos von derselben Hand her. Oben in der Mitte zwischen Füll-
hörnern in einem Medaillon ein geöffnetes Buch mit der Titelaufschrift: [API]IT[0TEA]OVp]TEXNHi
— 'PFfJTOPIJKfHJS. In der Mitte des rechten Theiles der Randleiste, welche als ein prunkvoller gol-
dener Candelaber1 mit Vasen, Delphinen, weiblichen Halbfiguren und Masquerons gebildet ist, befindet
sich ein kleines, spitzovales Bildchen in der Art einer Plaquette, darstellend den Mucius Scävola,
der in Gegenwart des Porsenna seine Hand über eine Flamme hält. In der Behandlung stimmt dieses
kleine Bildchen genau mit den Miniaturen des genannten Miniators; am deutlichsten wird diese Ueber-
einstimmung in dem kleinen, von Delphinen umschlossenen allegorischen Bilde in der Mitte der unteren
Randleiste (Fig. 8): Im Vordergrunde einer Landschaft mit malerischen grünen Bergen — im Hinter-

1 Dieser stimmt bis ins Detail mit der Randleiste in der Apuleiushandschrift überein.
 
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