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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

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Schlosser, Julius von: Tommaso da Modena und die ältere Malerei in Trevisio
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https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0280
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Tommaso da Modena und die ältere Malerei in Treviso.

HP*'

Zur Rechten der Madonna erscheint die Halbfigur des heil. Wenzel. Die Bezeichnung ist ge-
sichert durch den Umstand, dass ihn der Veneter als Herzog dargestellt hat, allerdings gewissermassen
als seinen heimischen Herzog, den Dogen von Venedig. Treviso
gehörte ja seit i33g zur Republik des heil. Marcus und so scheint
es verständlich, dass der Maler den böhmischen Herzog mit der
uralten Schiffermütze seiner Heimat, dem Corno, geschmückt hat.
Der rothe, hermelingefütterte Herzogsmantel lässt den schönen,
reich verzierten und geschnürten, stark in die Taille geschnittenen
Lendner1 über dem silbernen Kettenhemde sehen. Darunter der
Gürtel mit Perlenstickerei. Die nicht behandschuhte Linke stützt
sich auf den Schild, auf dem der einköpfige Adler im Relief auf-
gesetzt ist. Die Rechte hält das rothweisse Panier. Der Kopf ähnelt
stark dem des heil. Palmatius, ist aber sanfter, weniger energisch
im Ausdruck als der seines Gegenübers, der eine prächtige Ritter-
figur des italienischen Mittelalters ist; man merkt dem Maler die
chevalereske Tradition seiner Heimatstadt an.

Ueber das zweite, noch in Karlstein vorhandene und gleich-
falls bezeichnete Werk des Tommaso (Tafel XXIV) kann ich mich
um so kürzer fassen, als Neuwirth gerade von diesem eine sehr
ausführliche Beschreibung gegeben hat.2 Es ist, obwohl sonst von
bedeutend schlechterer Erhaltung und nur mehr unvollständig
vorhanden — da es zum Mindesten dreitheilig war —, von be-
sonderem Interesse dadurch, dass die alte schöngeschnitzte gothi-
sche Rahmenarchitektur noch erhalten ist. Auf dem einen Theile
sehen wir die Madonna mit dem sie liebkosenden Kinde auf den
Armen, ähnlich in der Auffassung aber in anderer Wendung als auf
der Wiener Tafel; in dem oberen Giebelfelde erscheint ein schöner,
rosenbekränzter und gewappneter Engel (St. Michael) mit einer
Lanze und einer Schriftrolle, die den bekannten Psalmvers: »Deus
in adiutorium meum« (Psalm 69, 2) trägt. Die inneren Nischen
der Rahmenpfeiler zeigen vier musicirende Engelgestalten mit
Handorgel, Laute, Handpauke und Geige, die als schöne Beispiele
der Kunst Tommasos hier besonders reproducirt sind (Fig. 4.).
Die äusseren Nischen, deren Gemälde nur zum Theile erhalten
sind, zeigen unbestimmbare männliche Heilige.

Das andere Fragment weist ein auch nachher der venetischen
Kunst ungemein geläufiges Thema auf, den nackten Schmerzens-
mann in der Tumba. Leider ist der Kopf zerstört; aber die weiche
Behandlung des vollen und doch kräftigen Manneskörpers zeigt
(namentlich in der rechten Brustpartie) völlig den Charakter der
venetischen Schule des Trecento. Auf der Tumba ist mit nach-
geahmten Nägeln der Cartellino des Malers befestigt, der sich dies-
mal nur kurz nennt:

HOMÄS ÖQ LläTIßÄ RÖCHT-

Im Bogenfelde oben der Erzengel Gabriel im Diakonsgewand,
mit Diadem, in der Hand eine Schriftrolle mit den Worten des

•f.

1

1 Vgl. Boeheim, Handbuch der Waffenkunde, S. 13g.

2 A. a. O., S. 79, 80.

Fig. 4. Engelfiguren
vom Rahmen des Karlsteiner Altarbildes.

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