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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

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Dollmayr, Hermann: Hieronymus Bosch: und die Darstellung der vier letzten Dinge in der niederländischen Malerei des XV. und XIV. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0324
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Hieronymus Bosch und die Darstellung der vier letzten Dinge.

Zeugnissen entgegengetreten ist, die den Meister während der Jahre 1493—1494, 1498—1499, 1504,
1508—1509 und 1512 in Herzogenbusch anwesend nennen. Er hat daraus sogar geschlossen, dass
Hieronymus aus seiner Heimat niemals herausgekommen wäre, — eine gewagte Sache, da diese Daten
für seine Jugendzeit gar nichts besagen, in seinen reifen Jahren aber Lücken von vier und fünf Jahren
lassen, Zeiträume, die auch damals im Leben eines Menschen sicherlich mehr bedeuteten, als wir rück-
schauend oft zu ermessen vermögen. Dass er aber jedenfalls den grössten Theil seines Lebens in der
alten Herzogsstadt zubrachte, dafür spricht der Name, womit er seine Bilder ausschliesslich zeichnet
und den ihm auch die Kunstgeschichte am liebsten gibt:

Fig. 2. Signatur des Bildes Nr. 651 der Wiener kaiserlichen Gallerie.

Selbst die Urkunden setzen den Städtenamen, Bosch, häufig zur näheren Bezeichnung neben das
Aquensis und so heisst es in dem Register, das seinen Tod vermeldet: »Obitus fratrum: Ao 1516.
Hieronimus Aquen, als Bosch, insignis pictor« und in dem Mitglieder- und Wappenbuche seiner
Bruderschaft: »Hieronimus Aquens. alias Bosch seer vermaerd schilder. Obiit 1516«,1 zugleich die bei-
den einzigen sicheren Nachrichten, die wir über ihn haben.

Kaum ein wenig mehr als über sein Leben erfahren wir über seine Werke. 1493 oder 1494 soll
er seiner Bruderschaft die Zeichnungen zu den Glasgemälden geliefert haben, die sie für ihre Kapelle
in der Johanneskirche spendete, 1512 die Vorlage für ein Kreuz, das sie bestellte,2 worauf er im
September 1504 3 36 Livres erhielt für ein grosses Bild des jüngsten Gerichtes, im Ausmasse von 9 zu
11 Fuss, das sich Philipp der Schöne von ihm malen Hess »pour son tres noble plaisir«. Vielleicht
handelte es sich, nach der Grösse zu urtheilen, auch hier um einen Carton, für einen Teppich zum
Beispiel, wie sich ein solcher, nach der Patrone des Meisters gewebt, noch heute im königlichen Schlosse
zu Madrid befinden soll.4 Doch fehlen mir alle Mittel, diese Frage zu entscheiden. Leider wissen wir
auch über ein drittes Werk nichts zu sagen, eine Versuchung des heil. Antonius, die laut ihrem Inven-
tare von 1516 die Statthalterin Margaretha von Oesterreich besass.5 Es ist das um so bedauerlicher,
als bei den schwankenden Begriffen, die wir über den Meister als Künstler haben, die Frage nach der
Echtheit seiner Werke mit diesen gewiss authentischen Bildern leichter und sicherer zu entscheiden
gewesen wäre.

Denn was die Notizen und Inventare der späteren Zeit anbelangt, so dürfen wir ihren Angaben
nur sehr wenig Vertrauen entgegenbringen. Der Name Bosch war ja bald ein Sammelbegriff geworden,
der Alles umfasste, was grottesk oder phantastisch war. Das merkt man schon bei Carel van Mander,
der von ihm eine mit vielen komischen Gestalten erfüllte Hölle erwähnt, aus der Christus die Patri-
archen erlöst, bei welcher Gelegenheit auch Judas zu entwischen versucht, von den Teufeln aber an
seinem Halsstricke zurückgehalten wird; eine Kreuztragung, in der er sich ernster als gewöhnlich ge-
zeigt hätte; verschiedene Bilder bei dem Haarlem'schen Kunstfreunde Joan Dietring, unter denen eines
einen Mönch darstellte, der mit Ketzern disputirt und zum Zeichen der Nichtigkeit ihrer Lehre ihre
Bücher in ein Feuer werfen lässt, das sie verbrennt und nur das seine, das wahre, nicht versehrt; die
Darstellung eines Wunders, worauf ein König und andere Personen sich bemerkbar machen, die vor

1 Ebenda, p. 268 ff.

2 Ebenda, p. 270.

3 Ebenda, p. 261.

4 Carel van Mander, ed. Hymans I, p. 175.

5 Le Glaye, Correspondance de l'empereur Maximilian I. et de Margarite d'Autriche, t. II, p. 480.

4.
 
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