Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 19.1898

DOI Heft:
Abhandlungen
DOI Artikel:
Dollmayr, Hermann: Hieronymus Bosch: und die Darstellung der vier letzten Dinge in der niederländischen Malerei des XV. und XIV. Jahrhunderts
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5780#0344
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
298

Hermann Dollmayr.

ausgesehen haben. Sie müssen bereits den Charakter der jüngeren Richtung der Antwerpener Schule
an sich tragen, die in Vorwurf und Form von Italien abhängt. Und in der That haben wir auch in
der Galerie zu Stockholm ein Bildchen, das dies beweist (Fig. 10).

Es ist mit »G. Mostart 1573« bezeichnet und lässt seinen Urheber als einen Maler erkennen, auf den
trefflich die Nachricht passt, dass er mit Marten de Vos, Ambrosius Francken und Bernaard de Rijckere
in derselben Commission zur Abschätzung der von Raphael van Coxcyen für den Genter Magistrat
gemalten Tafel fungirte. Und wie ein Zeitgenosse dieser Meister sieht auch der Mann aus, den A. Th.
Key auf dem Bildnisse Nr. 75g der Wiener Gallerie conterfeite und der nach alter Tradition eben
Gillis Mostart sein soll.

Wir müssen daher mit unserm Jüngsten Gerichte um eine ganze Generation weiter hinaufrücken.
An ein anderes Mitglied der zahlreichen Künstlerfamilie der Mostart zu denken, möchte vielleicht
eigensinnig erscheinen und den Verdacht erwecken, als klammerte ich mich blos an jenes schwer zu
deutende 03. Und dennoch will mir der Name Mostart nicht aus dem Sinn. Dass es sich dabei
möglicherweise um den nicht näher genannten Vater des Gillis handeln kann, das deucht mich
wieder die Bemerkung verbieten zu wTollen, die Karel van Mander über ihn macht, dass er nur ein
mittelmassiger Maler war. Wie aber, wenn am Ende gar ihr berühmter Ahnherr, der alte Jan Mostart,
dahinter steckte. Die Zeit seiner urkundlich nachgewiesenen Thätigkeit und das Wirken unseres
Monogrammisten müssen zusammenfallen. Es können nur die Jahre 1500—1550 sein. Und was ihre
Bedeutung anbelangt, so braucht einer dem anderen just auch nicht nachzustehen. Es gilt jetzt blos,
wie wir uns mit den schwerwiegenden Gründen abzufinden verstehen, aus denen G. Glück den räthsel-
haften Meister in dem Schöpfer des Porträtes Nr. 108 A der Brüsseler Gallerie und einiger damit
völlig übereinstimmender Tafeln wiedererkennen wollte. G. Glück geht bei seinem Versuche von der
auffallenden Compositionsweise aus, in dem Hintergrund der Bildnisse ausführliche Darstellungen
anzubringen, etwas, das, wie er hervorhebt, in der niederländischen Malerei der Zeit ganz vereinzelt ist
und woraus sich vielleicht das Recht ableiten Hesse, diese glückliche Erfindung dem alten Mostart selbst
zuzuschreiben. Denn nach Karel van Mander hat der Meister in seinen letzten Tagen von sich ein
Porträt gemacht, das ihn ganz de face darstellte, die Hände ineinander gelegt, mit einem Rosenkranz
vor sich und einer Landschaft hinter sich, in deren Luft Christus als Richter thronte und über den
nackt vor ihm knieenden Meister urtheilte. Auf der einen Seite stand der Teufel, auf der anderen
kniete ein Engel, der bei dem göttlichen Richter für ihn Fürbitte einlegte.

Nun ist das Brüsseler Porträt fast desselben Geistes Kind, nur dass darauf als Scene für seinen
Hintergrund die Verkündigung an Kaiser Augustus gewählt ist, gerade so wie auf dem einen der beiden
aus derselben Hand hervorgegangenen Flügelbilder der Brüsseler Gallerie Nr. 107, dessen Gegenstück
Nr. 108 seinerseits wieder die Bekehrung des Saulus und ein drittes, das männliche Bildniss der Royal
Institution zu Liverpool, die Vision des heil. Hubertus zeigt. Auch lässt das Porträt, von dem G. Glück
ausgegangen ist, eine Person vermutben, die den höheren Ständen angehörte, was, wenn man will, für
einen Hofmaler, der gleich Jan Mostart achtzehn Jahre in den Diensten der Statthalterin Margaretha
von Oesterreich stand, nicht minder zeugen möchte als die Kenntniss des höfischen Jagdlebens auf
seinem Bildchen mit dem heil. Hubertus. Das Alles fällt schwer ins Gewicht, umsomehr, als jener
Meister ein Holländer ist und der Schule von Haarlem nahezustehen scheint, deren Zierde eben der
alte Mostart war. Einem solchen Beweismateriale gegenüber heisst es mit neuen Ansichten und
Meinungen doppelt vorsichtig sein.

Doch da leider noch immer das ganze Gebäude der altniederländischen Malerei von sehr schwachen
Stützen gehalten wird, so verlohnt es sich schon der Mühe, diese Träger, so oft sich dazu die Gelegen-
heit bietet, zu überprüfen und vielleicht auch einmal einer allzu kühnen Idee Gehör zu schenken, wenn
damit nur die Möglichkeit in Sicht gerückt wird, der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Dass auch
unser Monogrammist Zusammenhang mit Haarlem hat, glaube ich seinen landschaftlichen Gründen
und seiner Vorliebe für das Genremässige absehen zu können, das in jener Schule seine merkbare
Pflege fand. Ferner zeigt Jan Mandyn in seinen Figuren eine grosse Verwandtschaft mit ihm, woraus
 
Annotationen