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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 21.1900

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I. Theil: Abhandlungen
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Hermann, Hermann Julius: Zur Geschichte der Miniaturmalerei am Hofe der Este in Ferrara: Stilkritische Studien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5733#0127
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122

Hermann Julius Hermann.

Giovanni
da Gaibana.

wo der Codex abhanden gekommen sein soll.1 Nach einer Abschrift des um die ferraresische
Geschichtsforschung hochverdienten P. Giuseppe Antenore Scalabrini, die Baruffaldi zur Verfügung
stand, fand sich am Schlüsse der Handschrift die Notiz: »P. Virgilii Mar. Poetae Mant. Op. eximii
finis. Scriptum diligenter per me Ugolinum de Lentio Anno Christi Domini M- C- X- C- III. Indict0 prima
Pridie Kaiend. Mai); miniaturas fecit elegantissimas egregius Magister Johannes de Aligherio Mo-
nacus. Totum feliciter. Amen«, während Borsetti2 das schon aus chronologischen Gründen wohl
richtigere Datum MCXCVIII angibt, welches mit der Indictio prima übereinstimmt. Ueber den Stil
der Miniaturen erfahren wir aus Baruffaldi nichts. Die Handschrift war von besonderem kunst-
geschichtlichen Interesse durch eine spätere Ein-
tragung, aus der hervorgeht, dass im Jahre 1242
ein Maler Gelasio di Niccolo »de la Masnä de Sancto
Giorgi«, der in Venedig bei Theophanes aus Con-
stantinopel die Malerei erlernt haben soll, für Azzo
Novello d'Este und für den Bischof von Ferrara
Filippo Fontana gemalt hat; eine Notiz, deren Glaub-
würdigkeit von Tiraboschi und Frizzi3 mit Recht
angezweifelt wurde. Der Codex ist gegenwärtig ver-
schollen, so dass wir uns über das älteste Denkmal
ferraresischer Miniaturmalerei keine genauere Vor-
stellung machen können. Auch lässt sich nicht mehr
ermitteln, ob Giovanni Alighieri derselben Familie
angehört wie sein grosser florentinischer Namens-
vetter oder der veronesische Meister.

Auch aus dem XIII. Jahrhundert kennen wir
bisher nur einen Miniator mit Namen: Giovanni
da Gaibana, von dem uns glücklicherweise ein Epi-
stolar in der Sacristei des Domes zu Padua erhalten
ist, soweit bisher bekannt, die älteste erhaltene
Miniaturhandschrift dieser Gruppe. Pietrucci4 nennt
einen Giovanni Gaibana giä Plebis de Trisigola
Diocesis Ferrariae Archipresbyter, der 1259 Caplan
(»mansionario«) des Domes zu Padua war und
als Canonicus von Conselve am 21. August I2g3
sein Testament machte. Dem gegenüber meint Citta-
della,5 dass Giovanni aus dem Orte Gaibana bei Ferrara stamme, woselbst er (heute verschollene)
Miniaturhandschriften ausgeführt habe. In einem Pfarrinventar vom Jahre 1431 fand nämlich
Cittadella die Notiz: »Venerabiiis vir Dominus Johanes de Bolzonibus de Parma Archipresbyter

plebis S. M. ville Gaibane, diocesis Ferrariensis...........in primis unum messale pulcherri-

mum secundum curiam Romanam, in cuius principio, post calendarium, sunt miniature, videlicet
discensio domini a parte superiori, in inferiori anunciatio evangelica, cohopertum corio rubeo etc.«,6
aus der hervorgeht, dass der genannte Miniator Priester in Gaibana war. Endlich hat Cittadella darauf
aufmerksam gemacht, dass Giovanni da Gaibana als Pfarrer von Tresigola in einer Urkunde des

Fig. 2.

Tod Mariens. Miniatur im Epistolar der
Domsacristei zu Padua.

1 Professor Innocenzo Stievano, Bibliothekar der Biblioteca del Seminario in Padua, vermuthet, wie aus seiner an mich
gerichteten Zuschrift hervorgeht, dass die Handschrift bereits seit der Veräusserung des Nachlasses des Grafen Alvarotti ver-
schollen und nie in die Biblioteca del Seminario gelangt sei.

2 Ferrante Borsetti, Historia almi ferrariensis Gymnasii, t. II, p. 4^0 und 447.

3 Tiraboschi, Storia letteraria, tomo IV, libr. III, cap. VI, p. 10; und Frizzi, Storia di Ferrara (1793) III, 147 &

4 Pietrucci, Biografia degli Artisti padovani, p. 124.

5 L. N. Cittadella, Notizie relative a Ferrara (1864), p. 643.

6 L. N. Cittadella, Documenti ed illustrazioni risguardanti la storia artistica ferrarese (1868), p. 173.
 
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