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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 22.1901

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I. Theil: Abhandlungen
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Dvořák, Max: Die Illumination des Johann von Neumarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.5948#0089
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Die Illuminatoren des Johann von Neumarkt.

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und als Kanzler in regem Verkehre mit ihnen. Sein Protonotar Johann von Gelnhausen widmete
Albrecht die erste Ausgabe seines Formelbuches.1 Der Kanzler selbst schickte den Herzogen eine illu-
minirte Handschrift, »Librum sancti Hieronimi«, -womit wohl, wie aus dem Contexte des Briefes,
in welchem die diesbezügliche Nachricht erhalten ist, zu ersehen sein dürfte, die vom Kanzler
verfasste Verdeutschung des Lebens des heil. Hieronymus gemeint ist.2 Diese Handschrift wurde
von dem Brünner Illuminator Johannes gemalt. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der Letztere mit
Johann von Troppau identisch ist; doch das ist nebensächlich. Wichtiger ist, dass mit ziemlicher
Wahrscheinlichkeit die Vermuthung ausgesprochen werden darf, dass der Auftrag zur Herstellung der
Wiener Handschrift ebenfalls von Johann von Neumarkt ausgegangen ist.

In dem Missale, welches sich noch heute in der Jakobskirche in Brünn befindet, ist auf fol. i im
oberen Felde der Initiale A Christus, im unteren ein knieender Priester dargestellt. Auf dem Quer-
balken des A steht die Inschrift: »Dominus Nicolaus prepositus Brunensis.« Seit dem Jahre i357
war Propst von Brünn Nicolaus von Kremsier. Im Jahre 1359 vertauschte er sein Brünner Canonicat
für ein Canonicat in Sadskä;3 er scheint jedoch auch noch später die Propstei von Brünn bekleidet zu
haben.4 Im Jahre i366 oder 1367 ist er gestorben. Auch sein Nachfolger hiess Nicolaus; doch glaube
ich aus Gründen, welche später dargelegt werden, dass das Brünner Missale nicht gar zu lange nach
dem Liber viaticus entstanden ist. Der dargestellte Priester wäre dann Nicolaus von Kremsier.

Nicolaus von Kremsier ist keine unbekannte Persönlichkeit.5 Er war ein Magister juris, dann zu-
nächst Protonotar des Ernst von Pardubitz, in den Jahren 1354—i363 Protonotar in der kaiserlichen
Kanzlei und daneben auch Kanzler der Kaiserin Anna. Er besass viele Präbenden, die Canonicate in
Brünn, dann in Sadskä, in Olmütz und in Prag und die Pfarre in Görlitz. Vom Jahre 1359 an war er
Archidiakon von Bunzlau, im Jahre i36i Prager Scholasticus. In der Kanzlei stand er natürlich in
vielfachen Beziehungen zu Johann von Neumarkt, dessen Generalvicar er wurde, als der Kanzler
Bischof von Olmütz geworden war. Es erhielt sich ein Brief des Letzteren an den Cardinal Androinus
de Rocca vom Jahre i362, in welchem er ihm Nicolaus von Kremsier als seinen »socium et notarium
dilectum« auf das Beste recommandirt.6 So führt uns die Inschrift in dem Codex wiederum in die
Umgebung des Kanzlers.

Es fragt sich nun, ob der dargestellte Priester der Besteller oder der Maler der Handschrift ist.
Die Art und Weise, wie die Inschrift angebracht ist, spricht eher für das Zweite.7 Man pflegte in dieser
Zeit durchwegs — es ist mir wenigstens keine Ausnahme bekannt —■ den Besteller einer Handschrift
entweder nach mittelalterlicher Art mit dem Namen auf einem Schriftbande oder — und das ist das
Häufigere — einfach mit dem Wappen oder einer Inschrift am Schriftrande zu bezeichnen. In unserem
Codex steht die Inschrift fast unkenntlich auf dem dunklen Grunde des Buchstabenkörpers; es ist dies
die Art, wie die Maler in dieser Zeit ihre Namen eintragen. So finden wir es in gleichzeitigen italieni-
schen Handschriften, z. B. in den Arbeiten des Nicolaus von Bologna, so z. B. auch in dem Brünner
Schöffenbuche, in dem ebenfalls die knieende Gestalt des Illuminators dargestellt ist und dabei in ganz
analoger Weise die Inschrift: »Dominus Johannes notarius civitatis.«

Zwei von unseren Handschriften werden mit Erzbischof Ernst von Pardubitz in Verbindung ge-
bracht. Die Entstehungszeit müsste dann zwischen den Jahren 1348—1364 liegen. Doch das soge-
nannte Mariale Arnesti wird deshalb so bezeichnet, weil man Ernst für den Verfasser des Buches ge-
halten hat. Im Jahre 1648 fand man in Prag eine Handschrift, welche eine »expositio nominum beatis-

1 Vgl. Kaiser, Collectarius perpetuarum formarum des Johann von Gelnhausen, Strassburg 1898, Einleitung.

2 Cancellaria Johannis Noviforensis, herausgegeben von Tadra im Archiv für österr. Geschichte LXVIII, 104.

3 Libri confirmationum I, 101.

4 Vgl. Codex diplomaticus Moraviae IX, 124, 145, 359, 415.

5 Vgl. über ihn Lindner, Das Urkundenwesen Karls IV., S. 22; Huber, Regesta imperii VII, Addit. I, S. VII; Tadra,
Cancellaria Arnesti, p. 320; Tomek, Geschichte von Prag V, 122, und Tadra, Kanzleien und Schreiber, S. 32.

6 Tadra, Summa cancellariae Johanni Noviforensis, p. 187.

' Auch Chytil, welcher auf die Brünner Handschrift im Västn'ik £esk£ akademie 1898 zuerst aufmerksam machte,
vermuthet in dem Dargestellten den Maler oder Leiter einer Illuminirwerkstatt.

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