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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 22.1901

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I. Theil: Abhandlungen
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Modern, Heinrich: Geweihte Schwerter und Hüte in den kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses
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https://doi.org/10.11588/diglit.5948#0154
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Heinrich Modern.

seiner Tochter Lucretia ihrem Gatten Alfonso d'Este Schwert und Hut verlieh, war letzterer mit Perlen
im Werthe von 45z/2 Ducaten geschmückt.1

Das Schwert Julius' II. vom Jahre 150g stammt aus der Ambrasersammlung. In der Nachlass-
inventur des Erzherzogs Ferdinand vom 3o. Mai 1596 (Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen
des Allerhöchsten Kaiserhauses VII, 2, Reg. 5556, fol. 446', p. CCC1II) ist es folgendermassen be-
schrieben: »Ain vergulter Stecher mit ainer gülden gürtel mit vergulten spangen (die Beschläge werden
hier ebenso genannt wie in den päpstlichen Ausgabebüchern), die schaiden vergult, daran an vier orten
vier plaugeschmelzte rosen (Medaillons), das ortpand auf plau geschmelzt, der knöpf am schwert auf
jeder seiten plau geschmelzt, darinn des bapsts wappen (heute nicht mehr erkennbar); und hat solch
schwert bapst Julius der 2. kaiser Ferdinandi presentiert.« Ferdinand I., am 10. März 1503 geboren,
war am 24. December 1509 noch nicht sieben Jahre alt. Die Ambraser Custoden, von Roschmann an-
gefangen, haben daher letztere Tradition angezweifelt. Alois Primisser (Die k. k. Ambrasersammlung,
Wien 1819, S. 243) meint, dass dieses Schwert wohl an Kaiser Max I. verliehen worden sein dürfte.
Dabei ist es bis auf unsere Tage geblieben und noch der jüngste, allerdings nicht sehr kritische Bio-
graph Max I., Dr. Ed. Heyck (Velhagen & Klasing 1898, S. 78), bildet das Schwert, als dem Kaiser
Max verehrt, ab.

Kaiser Max hat von Julius II. wohl nie Schwert und Hut erhalten, gewiss aber nicht die am
24. December 1509 geweihten. Das persönliche Verhältniss zwischen Kaiser und Papst war bis in
die allerletzte Zeit des Pontificats Julius II. ein denkbar schlechtes. Ich muss Anstand nehmen, die
geradezu unglaublichen aber vollkommen beglaubigten Aeusserungen des Papstes über den Kaiser
gegenüber Gesandten in Rom und im Consistorium der Cardinäle zu reproduciren.2 Wie andererseits
der Kaiser über den Papst dachte, geht nicht nur aus seiner Correspondenz mit seiner Tochter Marga-
rethe und Mathias Lang von Wellenburg3 sondern auch aus seinen Staatsactionen und Plänen hervor.
Unter letzteren erwähne ich das Project der Schaffung einer Sanctio pragmatica in der Art der fran-
zösischen für Deutschland, auf Abstellung der Annaten, auf Einsetzung eines Legatus natus et per-
petuus für Deutschland und das »Streben nach dem Papstthum«, sei es, dass der Kaiser nur der welt-
lichen Herrschaft über den Kirchenstaat oder auch der Tiara selbst sich bemächtigen wollte;4 unter
ersteren die Einberufung des (schismatischen) Pisaner Concils »als Vogt und Protector« der römischen
Kirche.

Nur zögernd und widerwillig, nachdem er noch vorher zur Warnung die Bestimmungen des ge-
heimgehaltenen Vertrages den Venezianern mitgetheilt (Pietro Bembo) hatte, schloss sich Julius II. der
Liga von Cambrai an. Einen Tag nach der für Venedig so verhängnisvollen Schlacht von Agnadello

1 Wir geben zur Bekräftigung und als Beispiel die Rechnung für den Hut Alexanders VI. an Alfonso d'Este: »Item
pro pileo in eodem festo elaborato (sie), videlicet pro oneiis sex auri cum dimidia diversorum lapidum precioso-
rum (das gewöhnliche Gewicht der an Grösse verschiedenen Perlen) habitorum de Baldassare Balduccio pro diversis pretiis
ducatos 45 cum dimidio. Item pro friso auri tirati ponderis IUI onciarum et qualibet onzia ducatos 7 cum dimidio.
Item pro palmis quatuor velluti coloris bisii pro dicto pileo ducatos duos cum dimidio. Item pro armellinis positis ad
ornamentum dicti pilei ducatos sex similes. Item pro rechamatura pilei praedicti ducatos sex similes. Item pro feltro et
magisterio sive manifactura dicti pilei ducatum unum cum dimidio et ducatos duos datos famulis sive laboratoribus in
apotecha dicti aurificis,« zusammen also 71 Ducaten (Archiv. Vat., Mand. 1501—1502, fol. 94', 96', nach Müntz, Revue de
l'art chre'tien 1890, p. 292).

2 Vgl. die Gesandtschaftsberichte des Venezianer Gesandten Paolo Capello bei Marino Sanuto, Diarii, (Berchet), Venezia
1883, tom. X, 72, 77, 79; auch schon bei Ranke, Geschichte der Päpste III, 232s; Brosch Moriz, Papst Julius II., Gotha
(Perthes) 1878, S. 197 und 347", und Pastor, a. a. O. III, 5691.

3 Le Glay, Correspondance de l'empereur Maximilian I et de Marguerite d'Autriche, Vol. I, Paris (Renouard) 1839, P- 2^4:
Eigenhändiges Schreiben des Kaisers vom 29. Juni 1510: »Le maudit preter pape pour nulle chose du monde peult
souvrir, que nous alions en armes pour nostre coron imperial ä Rome aecompaigne des Francoes, car yl creint d'y estre
chapitre de nous deos, veu ses grans piechi^s et abusions que ly et ses pre'decesseurs ont fait et font jour-
nelement et aussy aulcuns cardinauls lesquels crindont tourtous le reTormation, combien yl ount tort de nous et sur
sela je sere bientost d'opinion de mettre le chose du Toison d'or en pratike.« Trotz des schlechten Französisch sehr ver-
ständlich! Vgl. auch Ullmann Heinrich, Kaiser Maximilians Absichten auf das Papstthum, Stuttgart (Cotta) 1880, S. i3f.:
Brief des Kaisers an den Bischof von Gurk ddo. Breisach, 5. November 1510, der sachlich noch stärker ist.

4 Ullmann H., Kaiser Maximilian I., Stuttgart (Cotta) 1891, II, 7. Capitel.
 
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