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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 22.1901

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I. Theil: Abhandlungen
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Modern, Heinrich: Geweihte Schwerter und Hüte in den kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses
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https://doi.org/10.11588/diglit.5948#0158
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Heinrich Modern.

2. Schwert und Hut Pius' V. vom Jahre 1567 (Tafel XXII).

Das zweischneidige Schwert ist 168-5 Cm. lang (Klinge 121 Cm., Griff 47-5 Cm.), die flache Klinge
trägt in der Blutrinne die geätzte und vergoldete Inschrift: Pius *V * Pontifex * Optimus * Maximus *
Anno II. Nach einem Ornamente folgt das Wappen des Papstes, der Schild von Gold und Roth sechs-
mal schrägrechts getheilt, das Schildhaupt zur Spitze gerichtet (von einem Familienwappen kann nicht
gesprochen werden; denn Pius V., Michele Ghislieri, war von niederer Herkunft). Die beiden Klingen-
flächen waren gleich; doch sind auf der einen Seite das Wort »Pius« und das Wappen durch Putzen
verschwunden.

Der Schwertgriff aus vergoldetem Silber, gegossen, setzt sich auch hier aus dem fast 14 Cm.
langen Knauf, der zweihändigen Hülse und der Parirstange zusammen; die Tasche, eine Maske, hat
den Charakter eines selbständigen Bestandtheiles verloren und ist zu einem Ornamente der Parirstange
geworden. Der Knauf trägt auf Vorder- und Rückseite das von Tiara und Schlüsseln gekrönte, auf
einem fächerförmigen Wedel (flabello) aufliegende Wappen des Papstes, darüber einen Pferdekopf, an
den Seiten rechts und links eine Sirene mit einem Anhenker zwischen den nackten Brüsten; die beider-
seits herablaufenden Zöpfe endigen in Quasten, an welchen eine Rosenguirlande, die die Herme ab-
schliesst, hängt. Der Knauf ist bei allem Reichthum der Ausgestaltung im Gegensatze zu dem vom
Schwerte Julius' II. eine zweckwidrige Schöpfung: die ihn anfassende Hand hätte unter dem viel-
gegliederten Contour zu leiden. Alle Theile des Schwertgriffes sind sorgfältig ciselirt. Die Hülse,
deren zwei Theile durch einen schmalen Ring getrennt sind, ist mit Blättern schuppenförmig bedeckt.
Die stark geschweifte Parirstange, 40 Cm. lang, nach abwärts gebogen, endigt schneckenförmig. Zwei
Satyrhermen mit Akanthusblättern bilden sie.

Die Scheide besteht auch hier aus einem hölzernen Kern, der mit einem glatten Goldstoff über-
zogen ist; darüber strecken sich sehr schwache, durchbrochene, vergoldete Silberbleche mit richtungs-
losen Renaissanceornamenten, die durch drei von der Parirstange zur Spitze im Durchmesser abneh-
mende, runde Medaillons unterbrochen sind, deren erstes die Brustbilder der Apostelfürsten Petrus und
Paulus in archaistischer Darstellung, das zweite eine Profilmedaille des Papstes Pius V. von links im
grossen Ornate,1 das dritte die Inschrift »Pius | V. P. M. | A. II.« trägt.

Das Gurtband, 152 Cm. lang, 5 Cm. breit, aus Goldbrocat, hat ein roth contourirtes Granatapfel-
muster; achtmal kehrt das päpstliche Wappen in einer Distanz von je 16 Cm. in den entsprechenden
Tincturen wieder. Die subtile Technik des Wehrgehenks vom Schwerte Julius' II. ist hier nicht mehr
zur Anwendung gekommen. Die frei herabhängende Rückseite des Gurtbandes ist von derselben
Borte wie die Vorderseite; die Borte wurde umgeschlagen und läuft auf diesem Theile doppelt. Der
zur Umgürtung bestimmte Theil ist mit rother Seide gefüttert. An Reiz in der Farbe, im Ornament
und Gediegenheit der Technik kann sich dieses Gurtband mit dem vorher beschriebenen nicht
messen.

Die Schnalle trägt das Papstwappen, darüber in einer Cartouche Tiara und Schlüssel, rechts und
links Akanthusornament, welches in einen Drachenkopf endigt. Die Rückseite ist mit Akanthusorna-
ment, das aus einem Drachenleibe aufsteigt, geziert; alle diese Ornamente sind gravirt. Ganz ähnlich
ist der Beschlag am Ende des Gürtels decorirt. Die Löcher sind mit 11 fünf blätterigen Rosen be-
schlagen. Beschläge und Schnalle sind aus vergoldetem Silber.

1 Gegossen nach einer Medaille des Gian Federigo Bonzagna, genannt Fcderigo Parmense. Die Münzen- und Medaillen-
sammlung der kunsthistorischen Sammlungen des Allerh. Kaiserhauses besitzt zwei Exemplare dieser Medaille in Bronze mit der
Legende: »Pius V. Pontifex • Max.«, beide signirt mit F. P. Die Reversseite des einen Exemplars zeigt den Grundriss einer
Kirche mit der Legende: »Ob • Munit • Castri • Huc • Trasl • Ampi • Erex.« und die Jahreszahl 1566 längs des Kreuzschiffes,
über der Chornische »Roma«. Die Reversseite des zweiten Exemplars das Brustbild des Papstes Paul IV. nach links und
die Legende: »Paulus • IV • Pont • Opt • M.« (des Vorgängers und Protectors Pius' V.). Letztere bei Armand, Les Medailleurs
italiens, Paris (Plön) 1879, p. lii, Nr. i3, 1883, I, 225 Nr. 26, erstere auch nicht in der erweiterten zweiten Auflage dieses
Werkes.
 
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