Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 24.1903

DOI Heft:
I. Theil: Abhandlungen
DOI Artikel:
Glück, Gustav: Aus Rubens' Zeit und Schule: Bemerkungen zu einigen Gemälden der kaiserlichen Galerie in Wien
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5914#0041
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Aus Rubens' Zeit und Schule.

35

weisen lassen, genügen, um als Ort seiner künst-
lerischen Ausbildung und wahrscheinlich auch
seiner Tätigkeit Antwerpen nachzuweisen; zwei
seiner Bilder, das der Wiener Galerie und das des
Museums zuTournai, tragen die Jahreszahlen 1648
und 1649. J.VanDalem gehört offenbar der Künst-
lerfamilie Van Dale (Daelen oder Daelem) an, die
seit dem Anfange des XVI. Jahrhunderts in den
Listen der Antwerpner Lucasgilde vorkommt und
ihren Namen wohl von dem Geburtsorte eines Vor-
fahren, dem kleinen, zwischen Aachen und Lüttich
gelegenen Städtchen Dalem, hatte. Unser Maler ist
ohne Zweifel jener «Hans van Dale», der i632/33
als Schüler des damals als Lehrer offenbar sehr be-
liebten Daniel de Middelaer in die Antwerpner
Lucas-Gilde eintritt (Rombouts en Van Lerius, De
Liggeren der Antwerpsche Sint Lucas Gilde II,
S. 38 und 41). 1640/41 wird er Freimeister der
Gilde (a. a. O. II, S. 116: «Joannes van Dael, Schil-
der»). Sonst hören wir von ihm nur, daß für seine
Frau, die 1652/53 starb, die Totenschuld nicht
entrichtet worden ist, wohl ein Beweis dafür, daß
der Meister mit Glücksgütern nicht gesegnet war.

Die kleine Anzahl von Arbeiten Jan Van Dalems, die wir hier kennen gelernt haben,1 zeigt ihn
als einen Künstler zwar von liebenswürdigem Geschmack, aber von geringer Individualität. Doch
mögen gerade solche Werke für uns den Wert haben, daß sie uns das Niveau veranschaulichen, über
das sich Rubens und Van Dyck so hoch erhoben haben.

Fig. 26. Jan Van Dalem, Bildnis eines jungen Malers.
Schleißheim, königl. Galerie.

V. Jan Van den Hecke.

In den Zwanzigerjahren des XVII. Jahrhunderts kommt in der vlämischen Malerei die Sitte auf,
die bildliche Darstellung mit Guirlanden und Festonen von Blumen und Früchten zu umgeben, eine
Sitte, die ganz im Geiste des Barockstiles ist, den Rubens in die vlämische Kunst eingeführt hat. Er
selbst hat wohl den ersten Anstoß zum Entstehen dieser Gattung gegeben, die später überaus häufig
geworden ist: in einigen seiner Gemälde aus ziemlich früher Zeit umgibt er ein gemaltes Bild der
Madonna, das in einem schmalen Rahmen steckt, mit einem meist von Jan Brueghel dem Alteren ge-
malten Blumenkranze, der von Engeln getragen wird. Bald darauf wird durch den berühmten Blumen-
maler, den Jesuitenpater Daniel Seghers dieser Typus vereinfacht und so umgeschaffen, daß er bei
kleineren Gemälden, die als Hausaltärchen und auch als Schmuck der Sakristeien große Verbreitung
finden mußten, verwendet werden konnte: der Rahmen des Madonnenbildes verschwindet und dieses
wird ohne weitere Trennung von den dicht darum gruppierten Festonen eingeschlossen, die nicht
mehr von Engeln gehalten werden sondern auf dem Bilde selbst an Haken aufgehängt erscheinen.
Eine solche Neuerung, die wir uns kaum ohne Rubens' Einfluß entstanden denken können — Rubens

1 Ob zwei Halbfiguren der Liechtenstein'schen Galerie in Wien (Katalog von 1885, Nr. 175 und 177, beide bezeichnet
J. van Dalen f. in Roma l63i) von unserem Künstler herrühren, kann ich nicht entscheiden, da die Bilder seit längerer
Zeit aus der Galerie entfernt und nicht mehr zugänglich sind. — Ein Stilleben mit der Bezeichnung J. van Dalen f. 1663,
das 1902 auf der Jubiläumsausstellung in Baden-Baden zu sehen war, scheint mir nach der ausführlichen Beschreibung, die
ich meinem Freunde Hermann Julius Hermann verdanke, von einem anderen Künstler desselben Namens herzurühren.

5*
 
Annotationen