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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 24.1903

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I. Theil: Abhandlungen
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Glück, Gustav: Aus Rubens' Zeit und Schule: Bemerkungen zu einigen Gemälden der kaiserlichen Galerie in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5914#0052
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Gustav Glück.

aufstellung der Galerie im Belvedere nicht aufgenommen. Erst im Anfange des XIX. Jahrhunderts
kommt es in einem vom jüngeren Rosa verfaßten Verzeichnisse der noch im Depot befindlichen, zur
Aufnahme in die Galerie geeigneten Gemälde vor; und in der Tat wurde es bald darauf, im Jahre 1824,
im Belvedere aufgestellt.

Von den übrigen Teilen der Folge habe ich im Vorrate der kaiserlichen Gemäldegalerie nur ein
einziges Bruchstück gefunden: es ist ein ziemlich großes Stück Leinwand in der Form einer barocken
Cartouche (ig3 cm hoch, i32 cm breit, Fig. 3i). Offenbar ist es der zum Zwecke irgend einer archi-
tektonischen Verzierung herausgeschnittene mittlere Teil eines der Kaiserkrönung Karls V. ähnlichen
und mit ihr in den Maßen übereinstimmenden großen Gemäldes, das vielleicht dazu als Gegenstück
gedacht war. Dargestellt war hier die Thronübergabe Kaiser Karls V. an seinen Sohn Philipp II. Unser
Bruchstück zeigt nur die Hauptszene: den Kaiser Karl V., der dem vor ihm knienden Philipp II. die
Königskrone auf's Haupt setzt. Hinter diesen beiden Figuren sieht man noch ein Stück Architektur
und von der Umgebung, die der Handlung beiwohnt, ein paar Köpfe. Die übrige Assistenz, die man
sich ebenso zahlreich zu denken hat wie die auf der Krönung Karls V., ist offenbar der Schere zum
Opfer gefallen. Links unten liest man die Bezeichnung des Künstlers: . . . nus Pict. Cass. Ma. F. A°
1681. Der abgeschnittene Anfang der Inschrift läßt sich mit Bestimmtheit nach der Analogie anderer
Signaturen auf J. E. Quellinus ergänzen. Das Datum 1681 schließt ja auch die Möglichkeit aus, in
dem Bilde ein Werk des 1678 verstorbenen älteren Quellinus zu erkennen,1 und beweist zugleich, daß
diese Königskrönung Philipps II. ebenso wie auch das vermutliche Gegenstück dazu, die Kaiser-
krönung Karls V., zu den drei Bildern gehört hat, von denen Tessin in seinem oben erwähnten Berichte
aus dem Jahre 1687 sagt, sie seien schon damals nach Wien versandt gewesen.

Dies sind die traurigen Schicksale einer großen dekorativen Arbeit, die sowohl dem Künstler
als auch dem kaiserlichen Besteller zur Ehre gereicht haben mag. Nicht viel besser ist es einem andern
Werke Jan Erasmus Quellinus' ergangen, das im Jahre 1776 in den Niederlanden für die kaiserliche
Gemäldegalerie erworben wurde, um bald wieder daraus zu verschwinden. Es war nach Mechels
Beschreibung ein Gemälde von großen Maßen, mit der Darstellung des heil. Franz Xaver, der den
Indianern das Evangelium predigt und Wunder wirkt; es trug die Bezeichnung des Meisters und die
Jahreszahl 1661. Ein Bild, das dieser Beschreibung völlig entspricht, hat Alois Trost (Monatsblatt
des Altertumsvereines zu Wien IV, 1894, S. 84) in der Gumpendorfer Pfarrkirche in Wien entdeckt
(Fig. 32): Der Heilige steht, mit dem Kruzifix in der Rechten, predigend auf einer Kanzel, um deren
Stufen sich die Andächtigen drängen. Unter ihnen fällt ein Mohr auf, der wohl der Handlung den
indischen Lokalcharakter verleihen sollte. Im Vordergrunde liegt in vortrefflicher Verkürzung die
Gestalt eines Lahmen, der in der Linken eine Krücke hält. Die Bezeichnung des Künstlers und das
Datum 1661 stehen auf der Balustrade der Kanzel. Nach der Überlieferung der Kirche wäre in dem
Heiligen Ignatius von Loyola zu erkennen. Doch liegt hier offenbar ein Irrtum vor; denn es fehlt das
bezeichnende Motiv der Heilung der Besessenen durch Austreibung der Teufel, das wir aus Rubens'
packender Darstellung des heil. Ignatius in der kaiserlichen Galerie kennen. Auf diese Deutung dürfte
man durch das Monogramm des Namens Jesu gekommen sein, das über der Gestalt des Heiligen, in
Stein gemeißelt, zu sehen ist. Aber auch für eine Darstellung des heil. Franz Xaver, der von den
Jesuiten ebenso verehrt wurde wie der heil. Ignatius, ist dies ein passender Schmuck. Das Monogramm
deutet zugleich auf den Ursprung des Werkes aus einer Jesuitenkirche hin; und in der Tat stammt das
von Mechel beschriebene Bild aus der Jesuitenkirche zu Brüssel und galt schon dort als eine Darstellung
Franz Xavers (Decamps, Voyage pittoresque, p. 64). Auch ist nichts von einem Gegenstücke, das den
heil. Ignatius darstellte, bekannt; die Annahme eines solchen ist schon deshalb nicht wahrscheinlich,
weil selbst die beiden Bilder von Rubens in der kaiserlichen Galerie ursprünglich weder als Gegenstücke

1 Es mag hier nicht unerwähnt bleiben, daß schon Waagen (Handbuch der deutschen und niederländischen Maler-
schulen, 1862, II, S. 49) und Van den Branden (Geschiedenis der Antwerpsche Schilderschool, p. 943) die Kaiserkrc'mung
Karls V. als ein Hauptwerk Jan Erasmus Quellinus' bezeichnet haben, freilich ohne Angabe von Gründen.
 
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