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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 28.1909-1910

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I. Theil: Abhandlungen
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Röttinger, Heinrich: Breu-Studien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5949#0063
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Heinrich Rüttinger.

folge eines feierlichen Aufzuges müssen Breu mehr Figuren zur Verfügung gestanden haben, als im Zuge
des einreitenden Kaisers Verwendung gefunden hatten. Ihr entstammen die Reiter rechts unten im Blatte
und die häufigen, in ruhig haltende Reitergruppen eingeordneten ausschreitenden Pferdefiguren (zwei
unter dem Dienertrosse links unten, zwei in der Gruppe berittener Bauern unten in der Mitte des Blattes).
Bei einer derartigen Zusammensetzarbeit hätte der Künstler auch in seiner besten Zeit der Landschaft nur
die Ecken einräumen können. Die Einzeltypen selbst, die rundköpfigen Bauern und die Landsknechte,
sind durchaus in der gewohnten Art des Vaters gehalten, wie sie die Figuren in Rychenthals Buch zeigen
(z. B. der einzelnstehende Knecht vor dem Fähnlein rechts: der Baldachinträger Rychenthal 60' etc.).

Fig. 17. Breu d. J., Schlittenfahrt Kaiser Karls V.
Wien, k. k. Hof bibliothek, Hschw. 64 (linke Hälfte).

Mit den galoppierenden Pferden des großen Schnittes, z. B. den dreien am Rande links, vergleiche man
die Rychenthalblätter 35', 36, 58', mit den im Schritte gehenden der drei Reiter rechts unten fol. 11, 60',
61 desselben Buches oder die Pferde des zitierten Einzuges Karls V. in Augsburg. Die beiden Reiter rechts
unten fallen durch die im Verhältnis zu ihrer Umgebung zu kleinen Ausmaße — von der größeren Glätte
der Behandlung sehe ich ab 1 — etwas aus dem Ganzen heraus. Hier kann sich die Tätigkeit eines Ge-
hilfen verraten, deren sich der Künstler bei der Übertragung seiner Zeichnungen auf die Stöcke gewiß
bediente. Die Haltung der Pferde und die Typen der Reiter (den vorderen des Paares vgl. mit dem
Adeligen zur Rechten Karls V. auf dem Blatte d des Einzuges in Augsburg) weisen aber deutlich auf den
Vater Breu als ihren Erfinder. Daß der Sohn an diesen rein manuellen Helferdiensten sich beteiligt
haben könne, gebe ich zu; wahrscheinlich ist diese Verwertung der Kraft des Werkstattherrn aber nicht.2

1 Ich kenne zwar das in Nürnberg befindliche Original des Belehnungsschnittes, mußte mich aber bei der Arbeit mit
der Ausgabe Essenweins begnügen, die, was Detailformen etc. betrifft, mit Vorsicht zu gebrauchen ist, da sie nicht auf photo-
graphischem Wege und nicht ohne Ergänzungen fehlender Teile hergestellt wurde.

2 Der künstlerische Anteil Tirols an dem Schnitte kann meiner Meinung nach nicht gering genug angeschlagen werden:
er war wie stets lediglich der Unternehmer. 1536 kann das Interesse des Publikums an der 1530 erfolgten Staatsaktion nicht
 
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