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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 28.1909-1910

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I. Theil: Abhandlungen
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Röttinger, Heinrich: Breu-Studien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5949#0075
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68

Heinrich Röttinger.

In demselben lediglich durch die großen Ausmaße modifizierten Stile ist das achtteilige Blatt mit
der Auferstehung Christi (Hschw. 72. Wien, Albertina, Hofbibliothek etc., Fig. 24) gehalten. Die
Grabeswächter entsprechen formalen Einzelheiten wie der Linienführung nach den Knechten der De
Negker-Serie. Daneben treten die orientalischen Typen des Curipeschitz und des Skanderbeg und die
antiken Krieger des Justinus (fol. 52' und 98). Von einzelnen Typen stelle ich den barhäuptigen Wäch-
ter links dem zweiten Gesandten Curipeschitz G4 und dem Knechte 49 gegenüber. Neben den Typus
Christi halte man den des Abraham auf der Opferung Isaaks. Ebenso entsprechen einander die Engel
(Flügelbildung) und die Landschaften der beiden Blätter. Die Wolken fanden wir in gleicher Form auf
dem Skanderbegblatte fol. 1, die Nischenarchitektur auf dem Bathsebablatte rechts. Den Schnitt hatte
Rogel mit seinem R versehen.1

Daß die kleinen Buchillustrationen den Vergleich mit dem folgenden Riesenschnitt, der den Tod
des Gerechten und den des Ungerechten darstellt (Hschw. 71, mit Abb. Wien, Albertina; Gotha
etc.), versagen, ist im Gegenstande des Blattes begründet, in dem Frauengestalten überwiegen. Für sie
ist eigentlich nur das Justinusblatt 68' heranzuziehen oder die Dame, die auf dem großen Lazarusblatte
dem Prasser Gesellschaft leistet. Die Hauptfigur Christi entspricht dem auferstehenden, die Engel des
Blattes dem, der Abraham Einhalt gebietet; der Tod war auf dem Blatte mit den Altersstufen in derselben
Gestalt erschienen. Daher und aus dem Auferstehungsblatte kennen wir die Verkürzungen, die die Köpfe
der Sterbenden zeigen. Der Wolkenzug und der Baumschlag hält sich in den bekannten Formen.

Haben wir uns die Gestalt des Christuskindes, das der heil. Christoph durch das Wasser trägt, fest
eingeprägt, so kann bei der Ubereinstimmung, die mit ihm die beiden Engelchen auf dem großen
Wappen des Kardinals Otto Truchseß von Waldburg in Koburg (Hschw. 74, mit Abb.) zeigen,
die Zuteilung dieses Schnittes an den jungen Breu keine Zweifel erregen. Er dürfte 1543, in welchem
Jahre Otto Bischof von Augsburg geworden war, entstanden sein. Die bezeichnende Bildung der Engels-
fittiche ist auf dem Blatte mit dem Tode des Gerechten und des Ungerechten besonders häufig vertreten.
Technisch zeigt dieselbe Behandlung das Wap pen des Leonhard Beck von Beckenstein (Hschw.75),2
das in einem 1544 datierten Drucke Philipp Ulhards von Augsburg, für den der junge Breu auch zwei
Signete (Hschw. 58 und 59, Fig. 35) zeichnete, zuerst vorkommt. Die Behandlung des Wappengetieres
in weißliniger Modellierung auf schwarzem Grunde ist auf beiden Blättern die gleiche. An das Becksche
Wappen endlich schließen die beiden Wappen, welche Wolfgang Rehlinger von Augsburg sich als Ex
libris-Blätter von Breu entwerfen ließ (Hschw. 76 und 77).3

Wie bei Künstlern, die hauptsächlich für den Holzschnitt arbeiteten, zumeist, sind auch im Werke
des jungen Breu Zeichnungen selten. Als die älteste haben wir die Darstellung einer vornehmen Ge-
sellschaft zu betrachten, die sich in einem Garten mit Tanz, Trunk und Mummenschanz erlustigt.
Die interessante Arbeit ist leider nur auf der beifolgenden Tafel XIII als Ganzes zu genießen, da sich die
rechte Hälfte des Originales im Besitze der Albertina (J.-N. 3264), die linke in der Sammlung des Herrn
Dr. G. Jurie von Lavandal in Wien befindet.4 Vorder- und Mittelgrund der Federzeichnung (144X388)
sind mit schwarzer, der über die Mauer blickende Mittelgrund mit blauer, nunmehr verblaßter Tinte aus-
geführt. Der Verteilung der Gruppen und dem Inhalte nach tritt die Zeichnung nahe an das venezianische
Bankett heran, dessen Kreise auch der Nobile im Talare rechts entnommen ist, ohne daß man deswegen
in der Szene ein direktes Gegenstück zum Bankette vermuten müßte. Sie wird auch zeitlich in seine
nächste Nähe zu setzen sein. Bezüglich formaler Einzelheiten mache ich aufmerksam auf die Architektur
rechts (Säulen, Reliefornament, Perspektive — Lazarus von 1535), auf den Baumschlag (Bankett, Paris-
urteil), die wellenlinige Kontur der Stämme (Paris rechts), den Falken auf dem Baume links (Paris). Die
stämmige Gestalt des Mannes mit dem Barette in der Hand rechts erinnert an die Landsknechte der

1 Von dieser Komposition gibt es, wie mir Dodgson nachträglich freundlichst mitteilt, auch unsignierte Drucke, die
jedoch nicht von denselben Stöcken genommen worden waren wie die mit dem R versehenen.

2 Abb. in Hirths Formenschatz 1882, 136.

3 Abb. Zeitschrift für Bücherzeichen IV (1894), S. 20 f.

4 Auf dieses Teilstück verwies mich freundlichst J. Meder.
 
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