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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 28.1909-1910

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I. Theil: Abhandlungen
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Röttinger, Heinrich: Breu-Studien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5949#0080
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Breu-Studien.

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Fuggerlilie und ein absichtlich verwischtes etc. Die Umrahmungen 1,17, 29, 40, 43 und II, 116 sind 1545
datiert.

In die Ausführung dieser Umrahmungen und Malereien teilten sich sieben Hände. Von dem
Künstler A, dessen Mitarbeit sich auf den I. Band beschränkte, rühren her: die drei ganzseitigen Bilder
fol. 37: «Ein Figur vnd antzaigen des Erbern Rats Baumaister Ambts» (355X283), fol. 39: das «Ein-
nemer Ambt» (355X283) und fol. 59: die Darstellung «wie die gesanten der Gemaind die Zunftliche
Regierung vor dem Rat alhie erworben haben» (408 X 332, Fig. 3i). Die beiden ersten Blätter zeigen die-
selbe getäfelte Renaissancestube mit vier Fenstern an der Rückwand und einem grünen Kachelofen rechts.
Auf fol. 37 ist die Auszahlung von Handwerkern dargestellt, auf fol. 39 in einem kulturgeschichtlich sehr
interessanten Bilde die Einnahme der «gefeil, zinsen, steurn vnd des vngelt». Fol. 59 zeigt eine Ratssitzung
in einer grüngetäfelten Stube. Ferner die Umrahmungen der Blätter 3, 4, 9, 10, 21—24, 29—32, 35,
36, 45 und 46. Sie sind wie die der folgenden Mitarbeiter in gefälliger Renaissanceornamentik ausgeführt:
in jeder Ecke befindet sich ein Medaillon, oben und unten sind zuweilen spielende oder jagende Putten
angebracht. Die Seitenteile zeigen Geranke, von Vögeln oder kletternden Putten belebt, oder Kandelaber-
bildungen. Fol. 9 enthält eine venezianische Erinnerung, ein von Putten inszeniertes festo de'tori; fol. 3i
stellt dar, wie die Hasen den Jäger am Spieße braten, fol. 46 seitlich Vergilius im Korbe und unten die
drei Söhne, die nach dem Leichname ihres Vaters schießen, als Putten. Alle diese Arbeiten sind fein mit
der Feder ausgeführt, leicht in Farben getönt und mit Gold und Silber gehöht. Das ist die Technik der
beiden Habsburger Regenten von 1544. Der Urheber dieser Gruppe ist der Meister selbst, was ein Ver-
gleich der Figuren seiner Sitzungsbilder mit den Gestalten des Lazarus von 1535, der Gartengesellschaft
und des Bankettes sichert. Auch das große Lazarusblatt und die Rundbilder auf dem Tode des Gerechten
und des Ungerechten bieten Entsprechungen. Ich verweise auf die Übereinstimmung der Proportionen
beiderseits, auf die Bewegungsmotive und die Gebärdensprache. Die Tanzschrittstellung des Mannes am
Eingange des Sitzungsraumes fol. 59 ist bezeichnend für den jungen Breu (der Tänzer links im Bankette,
der letzte Läufer der Schlittenpartie, der Diener mit den Krügen in den Händen auf dem großen Lazarus-
blatte). Auch beachte man die Behandlung der Kopfhaare und der Bärte.

Dem Zeichner B gehören die Kartuschen der Titel und die Heroldsfiguren beider Bände (I, 96 und
II, 16), das Vollbild II, 26: die Justitia, das gemeine Volk gegen die Herren beschützend, die Figur des
M. Drusus II, 29 und, wie es scheint, der Hauptteil der mit der Entstehung des Buches gleichzeitigen
Wappen an. Von den Umrahmungen sind ihm zuzuteilen: 1,2, n — 20, 25—28, 33, 34, 38, 40—44,
55, 60—62, 65—80, 83, 84 und II 15, 56-61, 79, 80, 87, 94, 95, 99, 115, 116, 125, 126, i3i, i32, 137,
145—148. Von seiner Hand sind auch die nach Größe und Komposition (es fehlen die Medaillons in
den Ecken) etwas von den anderen abweichenden Umrahmungen I, 63 und 64. Sie wurden offenbar in
letzter Stunde als Ersatz für die Zeichnungen eines durch Zufall verdorbenen Blattes entworfen. Auch
der Zeichner B führt eine sichere Feder; er ist identisch mit dem Gehilfen, der die Hauptmasse der
Figuren der Blutlinie ausgeführt hatte (vgl. z. B. den Kopf Blutlinie 17 mit den Medaillonköpfen I, 11
rechts oben und I, i3 rechts unten). Im Anfange der Arbeit kommt seine sorgfältige Zeichnung sehr
nahe an den Strich des Meisters heran, später wird er flüchtiger und dadurch leichter kenntlich. Die
lustigen Episoden, die er in das Geranke verflicht, gehen vielleicht zum Teile auf Einfälle des Meisters
zurück; wenigstens gestattet er sich aus dessen Umrahmungen in einzelnen Fällen Entlehnungen. I, 11
rupfen Putten einen Adler, 33 zeigt die Opferung Isaaks, 40 die Jakobsleiter, Simson und Herkules, 42
schlagen sich keifende Weiber mit Fuchsschwänzen, 43 bringt das Motiv der Einhornjagd, 60 tragen zwei
Hasen den an den Speer gebundenen Jäger und 65 disputieren aus Füllhörnern heraus ein katholischer
und ein evangelischer Geistlicher. Diesem assistiert ein Engel, jenem der Teufel. II, 61 reitet Phyllis den
Aristoteles zurecht.

Der Gehilfe C stellte die] Umrahmungen I, 5—8, 49—52 und II, 1 — 8 her. Er ist in der Zeichnung
roh, in der Farbe bunt und macht vielfach beim Meister Anlehen (I, 5: 23; 6: 22; 7: 21, 22, 23; 8: 23,24;

dieses Jahres aus und werden erst gegen Ende des Jahrhunderts wieder aufgenommen. Die Nachträge in II sind überhaupt
nur lückenhaft erfolgt.
 
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