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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 28.1909-1910

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I. Theil: Abhandlungen
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Röttinger, Heinrich: Breu-Studien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5949#0089
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Heinrich Röttinger.

gengen, stiegen und gewelben ungeverlich dem andern gleich ze malen» (Rott, S. 185). Diese Nach-
besserungen, denen später andere gefolgt sein mögen, sowie der trostlose Zustand des Schlößchens ge-
statten heute nicht mehr, aus den kläglichen Freskenresten Arbeiten Breus auch nur mit einiger Sicher-
heit auszuscheiden. Am ehesten könnte die Bemalung eines der im zweiten Stockwerke befindlichen
Räume von Breu herrühren. In dem in der westlichen Ecke des Schlosses gelegenen Gemache sind die
Wandflächen mit schreitenden und springenden Hirschen und anderem Wilde gefüllt. Die Figur eines
Jägers trägt das Kostüm der Zwanziger- oder Dreißigerjahre. Die gemalten Pilaster beiderseits des Ofens
erinnern nach Konzeption und Formen an die Füllungen der Seitenleisten des Fuggerbuches. Die Decken-
medaillons und der größte Teil der Ornamentik der Stichkappen sind gut ein Jahrzehnt jünger, könn-
ten also wohl von Windberger sein.
Die genealogischen Inschriften in
der Gewölbefläche selbst stammen
aus dem Ende des XVII. Jahrhun-
derts. Ein Gemach im obersten
Stockwerke des Turmes war in der
gleichen Weise dekoriert; hier sind
die Malereien jedoch übertüncht.
Drei andere Zimmer des zweiten
Stockwerkes sind im Stile der
Deckenmalereien des Zimmers mit
den Hirschen bemalt; ebenso sind
die einfachen, gleichfalls über-
tünchten Malereien der Kapelle im
ersten Stockwerke gehalten. Auch
sie rühren nicht von Breu her. Ob
in den Malereien des kleinen Ge-
maches, das mittels zweier Riegel-
wände in die Ecke des Dachstuh-
les des Turmes eingebaut worden
war, Reste der Arbeiten Breus sich
erhalten haben, ist mindestens zwei-
felhaft. Jede der Wände zeigt unter
einem perspektivisch gezeichneten
Mauerbogen auf grünem Fond, den
später aufgemalte Moresken füllen,

gut gezeichnete, fast lebensgroße Figuren. An der einen Wand ist eine Bäuerin mit dem Spinnrocken
und ein Bauer mit dem Dreschflegel dargestellt, die dörperlich den Reihen springen, wozu, durch die
Tür von ihnen gesondert, ein Dudelsackpfeifer aufspielt. Auf der anderen Wand sieht man einen
Küchenschreiber hinter einem Tische sitzen, auf dem ein Rechenbrett liegt. Vor dem Tische steht ein
Koch mit einem Kochlöffel in der Hand. Auf der Außenseite der ersten Wand ist eine liegende nackte
Frau angebracht. An der Täfelung der beiden Holzwände, die die Neige des Daches verdeckten, heute
aber völlig fehlen, sah Grassegger die Medaillonporträte eines Pfalzgrafen, eines Bischofs und eines Kar-
dinals, bei dem das Wort «Salzburg» stand. Man denkt dabei an den 1540 verstorbenen Matthäus Lang
von Wellenburg. Ist das begründet, dann dürfte die Herstellung des Gemaches in die erste Bauperiode
des Schlosses fallen. Der seit 1538 im Herzen, seit 1542 öffentlich lutherische Ottheinrich1 wird auch
in die Stube seines Kammermeisters keinen römischen Bischof mehr haben malen lassen. Auch diese
Wandmalereien, die sich in überaus schlechtem Zustande befinden, zudem sichtlich wiederholt auf-

Fig. 32. Breu d. J., Opferung Isaaks. Glasscheibe in den Sammlungen
des historischen Vereins in Neuburg a. D.

1 Vgl. dazu R. Salzer, Beiträge zu einer Biographie Ottheinrichs, Heidelberg 1886, S. 69 und 72 ff.
 
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