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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 28.1909-1910

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I. Theil: Abhandlungen
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Röttinger, Heinrich: Breu-Studien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5949#0091
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Heinrich Röttinger.

Daß bei der reichen Tätigkeit, die Breu der Vater im Dienste der Scheibenmalerei entfaltet hatte,1
auch der Sohn auf diesem Gebiete arbeitete, war zu erwarten. In zwei Glasscheiben des Bayrischen
Nationalmuseums, den Nummern 151 und 152 (Schinnerer, S. 37, Saal 22), haben sich weitere Ar-
beiten, die nach seinen Entwürfen gefertigt wurden, erhalten. Sie behandeln Szenen aus der Jasonsage:
auf der einen Scheibe (Fig. 33) ist die Unterredung Jasons und Herkules' mit einem Boten dargestellt,
auf der anderen, defekten, wie Pelias das Schiff erwartet, auf dem Jason und Medea nach Jolkos zurück-
kehren. Die Inschriften um die Scheiben, deren Durchmesser 25*5 cm betragen, stammen zum Teile
von anderen, verlorenen Scheiben derselben Reihe. Die sorgfältige Ausführung in Schwarz-, Rotlot und
Silbergelb ist dieselbe wie die des Josefzyklus des Vaters. Den Sohn als Vorzeichner erweist die Ge-
staltung des Baumschlages (Parisblatt, großer Lazarus) und die Ähnlichkeit der Typen der beiden Helden
mit den Medaillonköpfen der Umrahmung I, 3o des Augsburger Ehrengedächtnisses von 1545. Um
diese Zeit setze ich auch die Visierungen der beiden Scheiben an.

Der 1530 nach Augsburg heimgekehrte Breu war, soweit es seine Herkunft zuließ, Italiener ge-
worden. Der Schwung und die Grazie, die er sich im Süden angeeignet hatte, waren seinen Arbeiten nur
zugute gekommen und hatten einigen seiner Landsknechte zu einem Platze unter den besten deutschen
Schnitten des XVI. Jahrhunderts verholfen. Doch schon im kleinen Lazarus von 1535 hat Breu die gute
augsburgische Art und damit die Unbefangenheit wiedergefunden, auch einheimische Kräfte vorbildlich
auf sich wirken zu lassen. Zunächst folgt er eine Weile Hans Sebald Beham, dessen Darstellungen
heiterer Geselligkeit, wie das Fest der Herodias Pauli 832, der Planet Venus (1531) P. 908, die Stiche
P. 34 (aus der Folge vom verlorenen Sohn) und 214 (1535), für den Geist des Bankettes und der
Gartengesellschaft maßgebend wurden. Diese hatten tatsächlich an ihren Aufbewahrungsorten als Be-
ham oder Schule Behams gegolten. Auf die Formgebung Breus haben die Kleinmeister nur gelegentlich
eingewirkt, am stärksten Barthel Beham bei der Ausgestaltung des Ornamentes der Lusthausbrüstung
des kleinen Lazarus, das enge an Zierformen anschließt, wie sie Pauli in den Mitteilungen der Gesell-
schaft für vervielfältigende Kunst 1905, S. 47, abgebildet hatte. Das Blattkraut des Parisblattes ist ebenso
genau Ornamentstichen Aldegrevers nachgebildet. Die Architektur auf dem Blatte 29 der Blutlinie ist
durch Sebald Behams Herodiasschnitt bedingt.

Der Erfolg der kleinen Blätter der Dreißigerjahre und der Vorgang des Vaters mit der Belehnung
boten Breu die unmittelbare Veranlassung, sich mit der Herstellung größerer Bilderbogen zu befassen.
In dem Maße, als die Reformation in den Reichsstädten Süddeutschlands kirchliche Bestellungen im
Sinne der großen alten Kunst unterband, wendeten sich notgedrungen die zahlreichen freiwerdenden
künstlerischen Kräfte dem volkstümlichen Bilddrucke zu. Burgkmairs Werkstätte war 1524 darin vor-
ausgegangen, Schäufelin, Ostendorfer, Beham und Gerung2 hatten die Anregung aufgegriffen. Sie alle
halten zumeist an dem von Burgkmair gewählten Ausmaße der Blätter und ihrer Zusammensetzung aus
acht Platten fest. Als Reichsstädter folgen sie der Reformation. Bei keinem aber fand das Bekenntnis
in seiner Produktion so klaren Ausdruck wie bei Breu, obschon er polemisch-satirische Darstellungen
wider das Papsttum, wie es scheint, nicht geliefert hatte. Das Wappen des Bischofs Otto Truchseß von
Waldburg, mit dessen Verfertigung er katholischen Interessen diente, bestätigt als Ausnahme die Regel.

1 Die schönste Reihe von Glasmalereien nach Zeichnungen des Vaters, die charakteristische, zwölf Scheiben umfassende
Geschichte des ägyptischen Josef im Bayrischen Nationalmuseum zu München (Saal 25) ist nun endlich, nachdem sie seit
Rebers Bestimmung (a. a. O., S. 148) trotz des Monogrammes auf Nr. 12 als Werk Ludwig Refingers gegolten hatte, in
J. Schinnerers Katalog der Glasgemälde des Bayrischen Nationalmuseums (1908), S. 38 ff., zu ihrem Rechte gelangt. Die Serie
stammt aus den Zwanzigerjahren. Ein bisher unbeachtetes, gleichfalls treffliches Werk Breus des Vaters besitzt das Germanische
Museum in Nürnberg in dem Bruchstücke einer Jagdszene (Katalog der im Germanischen Museum befindlichen Glasgemälde
aus älterer Zeit, 2. Aufl., S. 34, Nr. 267, 24 X 11 cm) in Schwarzlot, Silbergelb und grünem Überfang. Das Stück ist zeitlich
in die Nähe der für den Kaiser Max gefertigten Scheibenrisse zu setzen.

2 Dodgson im Jahrbuch der kgl. preuß. Kunstsammlungen XXIX (1908), S. 199.
 
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