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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 28.1909-1910

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I. Theil: Abhandlungen
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Hermann, Hermann Julius: Pier Jacopo Alari-Bonacolsi, genannt Antico
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https://doi.org/10.11588/diglit.5949#0207
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Fig. i. Antico, Medaille der Julia.
Wien, Münzen- und Medaillensammlung des Allerhöchsten Kaiserhauses.

PIER JACOPO ALARI-BONACOLSI, GENANNT ANTICO.

Von

Hermann Julius Hermann.

er mantuanische Bildhauer Pier Jacopo Alari-Bonacolsi mit dem Beinamen Antico
teilt mit manchem anderen heute geschätzten Künstler das Geschick, daß sein
Name bald nach seinem Tode in Vergessenheit geriet und seine Bedeutung erst
durch die Kunstforschung der letzten Jahre erkannt wurde. Weder Vasari noch
irgendeiner der älteren Kunstschriftsteller, nicht einmal einer der mantuanischen
Chronisten tut seiner auch nur Erwähnung. Mehr als drei Jahrhunderte mußten
seit dem Tode des Meisters vergehen, ehe ein zufälliger archivalischer Fund
wenigstens den Namen des Kunstlers weiteren Kreisen bekannt machte. Daß aber Antico so lange zu
den Vergessenen gehörte, ist um so merkwürdiger, als die bevorzugte Stellung, die er — wie wir heute
wissen — zu seinen Lebzeiten am Hofe der Gonzaga zu Mantua einnahm, von vorneherein zu der An-
nahme berechtigt, daß Antico der hervorragendste mantuanische Bildhauer seiner Zeit war. An der ge-
ringen Beachtung, die überhaupt die mantuanische Plastik des Quattrocento gefunden hat, mag wohl
in erster Linie der Umstand Schuld tragen, daß sich das Interesse der Kunstgeschichtsschreibung fast
ausschließlich auf den bedeutendsten unter den in Mantua während der zweiten Hälfte des XV. Jahr-
hunderts tätigen Künstlern, Andrea Mantegna, konzentrierte, dessen gigantische Größe alle anderen
mantuanischen Künstler seiner Zeit in den Schatten stellte. Daneben mag es auch ins Gewicht fallen,
daß sich die Kunstschriftsteller des ausgehenden XVI. und XVII. Jahrhunderts wohl kaum für einen
Künstler interessierten, dessen Befähigung sich nicht in originalen monumentalen Schöpfungen, sondern
vorzugsweise in Werken der Kleinplastik offenbarte, die durchgehends mehr oder weniger freie Nach-
bildungen nach der Antike waren. Dazu kommt, daß Antico in der Residenz eines kleinen Fürsten-
tums, meistens sogar in unbedeutenden Landstädtchen tätig war und daher bei Kunstschriftstellern
keine Beachtung fand, die sich in erster Linie für die Entwicklung der Kunst in den großen Kultur-
zentren interessierten. Anticos Bedeutung für die Entwicklungsgeschichte der oberitalienischen Kunst
darf jedoch nicht zu gering angeschlagen werden. Wie wenige Künstler seiner Zeit, hat sich Antico in
die Formensprache der antiken Skulptur eingesehen und seine Werke verdienen deshalb eine besondere
Beachtung, wenn einmal der dankenswerte Versuch unternommen werden sollte, den Beziehungen der
oberitalienischen Skulptur des Quattrocento und Cinquecento zur Antike im einzelnen nachzugehen. Es
ist schon oft darauf hingewiesen worden, daß einzelne Werke der oberitaiienischen Plastik in einer
viel größeren Abhängigkeit von antiken Vorbildern stehen als toskanische Skulpturen. Daraus mag
es sich erklären, daß oberitalienische Skulpturen vom Anfang des XVI. Jahrhunderts oft geradezu an
Werke der Empirezeit erinnern. Ich nenne — um nur ein allgemein bekanntes Beispiel anzuführen — das
Relief des Antonio Lombardo in der Cappella del Santo in Sant'Antonio zu Padua, an dem einzelne
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