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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 29.1910-1911

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I. Teil: Abhandlungen
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Giehlow, Karl: Dürers Entwürfe für das Triumphrelief Kaiser Maximilians I. im Louvre: Eine Studie zur Entwicklungsgeschichte des Triumphzuges
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https://doi.org/10.11588/diglit.6176#0023
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Dürers Entwürfe für das Triumphrelief Kaiser Maximilians I. im Louvre.

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aufwand für die vollständige Fertigstellung des Triumphzuges auf noch 1500 Gulden veranschlagt
wurde, war bisher unbekannt; ebenso der Wille des Kaisers, die Übertragung der Miniaturen des Frei-
dal dem Nürnberger Formschneider Hieronymus Andrea für 1000 Gulden zu verdingen; neu vor allem
ist der Gedanke, den Theuerdank in einer lateinischen, metrischen Ubersetzung des Wittenberger Pro-
fessors Richardus Sbrulius, der auch den Text der Ehrenpforte übertragen hatte, herauszugeben, und
die Überlegung, ob der Weißkunig deutsch, lateinisch oder französisch oder gar in allen Sprachen
erscheinen sollte. Wie der umsichtigste Verleger wollte der kaiserliche Autor seinen Werken den wei-
testen Leserkreis sichern. Man versteht, warum ein anderer Ubersetzer der Ehrenpforte, der Wiener
Schottenabt Chelidonius, in einer Widmung dem Kaiser gegenüber die in sein Zeitalter fallende Erfin-
dung der Buchdruckerkunst als einen Gnadenbeweis des Himmels pries.1

Man sollte meinen, daß die bis ins Einzelne gehende Überwachung des Herstellungsganges dieser
Werke, zu denen noch die genealogischen Holzschnittfolgen des Stammes und der Heiligen sich ge-
sellen, die kärglich bemessenen Mußestunden des Kaisers vollauf ausgefüllt hätte; keineswegs! Stabius
berichtet, daß der in den Gedenkbüchern des Kaisers oft vorkommende «Heiligenkalender» auch als
selbständiges Holzschnittwerk geplant wurde, und noch mehr — man will es kaum glauben, daß ihm
Maximilian des öfteren erzählt habe, er beabsichtige hundertunddreißig Bücher zu edieren. Der Historio-
graph hat sich weder verhört noch der Kaiser übertrieben. In der Tat erhielt sich ein Verzeichnis von
Büchern, die der schaffensfrohe Literat den bereits vorhandenen hundert zufügen wollte; ja nach den Ru-
briken der Gedenkbücher, dieser Kollektaneen für die künftigen Werke, mag gelegentlich des Kaisers
Gestaltungstrieb noch weiter gezielt haben.2 Dabei ist noch von den vielfältigen Aufgaben, die der
Monarch dem Musiker stellte, gar nicht die Rede, steht ein so kostbares, nun wieder die verdiente Wür-
digung findendes Werk wie das seiner Tochter geschenkte, noch jetzt in Mecheln aufbewahrte Meßbuch
ganz beiseite.3

Ob allerdings alle diese Werke mit Holzschnitten gedruckt werden sollten, ist die Frage. Viele,
wie das jüngst wieder aufgefundene Jagdbuch,4 hatten mit ihren Kopien lediglich dem engen Kreise der
Familie zu dienen; manche Bücher, z. B. die über Artillerie, verfolgten nur Verwaltungszwecke.5 Ander-
seits gehört unter die «Hundertunddreißig» ein so großartiges Unternehmen wie die Gebetbuchpublika-
tion mit ihrem Prachtdrucke für die hervorragenden Mitglieder des Georgsordens und der Volksausgabe

1 Vgl. Bandini viri doctissimi sentenüarum theologicarum libri quattuor, herausgegeben von Benedictus Chelidonius,
Viennae VI. Non. Maji 1519. In der Widmung werden die tinfiniti triumpili» hervorgehoben, tquos Johannes Stabius . . .
in grandem, quem triumphalem nuneupat, arcum collcgit, cuius nos commentariwn ex Germano in Latinum vertimus». Che-
lidonius erwähnt dann die Erfindungen Maximilians auf dem Gebiete des Geschützwesens, den Erfolg des Wiener Kongresses,
die Entdeckung Amerikas, die Erfindung der Buchdruckerkunst und die Erforschung der habsburgischen Genealogie bis auf
Cham. Die Stelle über die Buchdruckerkunst lautet: «Quibus etiam temporibus novum quoddam Palladi vel ipsi, ut opinor,
co usque ignotum scribendi genus, quod chalcographiam vocamus, in lucem prodiit, cuius occasione pracclarissima Uta nunc
latc proveniunt ingenia, ercscunt litterae et ad Philadelphieam quoque aemulationem complentur passim bibliothecae. Quae
Stngiua pluraque multa alia tuo fato tuisque iure auspieiis adscribenda, qui digne memorarc velit, aestivum diem centum-
que tinguas et ferream quacrat vocem . . .» Alle diese Ereignisse bezeichnet dann Chelidonius als «maximas tibi utpote sin-
gularitcr divo priueipi coclitus conecssas gloriae dotes.»

2 Vgl. Theodor Gottlieb, Büchcrsammlung Kaiser Maximilians I., Leipzig 1900, S. 42: Abdruck aus Codex 28^4 der
Wiener Hofbibliothek: Register kais. maj. puccher. «Item nachvolgend verzaichend, etlich mer puecher zu den K.» Die
darauf aufgezahlten Werke sind bis «Harnasclimaisterei die heimbliclikciti eingeklammert, die folgenden wurden, wie ihre
flüchtigere Schrift zeigt, offenbar später geschrieben. Gottlicbs Auffassung dieser Notizen wird richtiggestellt von Michael
Mayr, Das Fischereibuch Kaiser Maximilians 1., Innsbruck 1901, Einleitung S. VT; dort auch Näheres über die Rubriken der
Gedenkbücher. Leider steht noch immer eine zeitgemäße, vollständige Veröffentlichung dieser wichtigsten Quellenwcrke aus.

3 Vgl. Prosper Verheyden, Het Gezangboek van Margaretha van Oostenrejk in: Tijdsschrift for Book- en Bibliotheks-
wezen, II. Jahrgang (1904), S. 22ff. und S. 76, sowie Victor Hermans, Livre de chant de Marguerite d'Autriche im: Bulletin du
cercle archeologique, litteraire et artistique de Malines, tome XIV (1904); auch als Sonderdruck erschienen. Für die freund-
liche Überlassung eines Exemplars ist hier bestens zu danken. Darnach wäre das Meßbuch identisch mit dem, welches der
Kaiser seiner Tochter 1511 *pour son nouvel an> schenkte. Die Miniaturen wurden Dürer zugewiesen, sind jedoch flämi-
schen Ursprungs.

* Vgl. Michael Mayr, Das Jagdbuch Kaiser Maximilians I., in Verbindung mit W™ A. Ballie-Grohmann, Begleitwort von
Sr. Exzellenz dem Grafen H. Wilczek, Innsbruck 1901.

5 Vgl. Wendelin Boehcim, Die Zeugbücher Kaiser Maximilians I., Jahrbuch, Bd. XIII.
 
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