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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 29.1910-1911

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I. Teil: Abhandlungen
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Pollak, Oskar: Studien zur Geschichte der Architektur Prags 1520-1600
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https://doi.org/10.11588/diglit.6176#0107
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IOO

Oskar Pollak.

meisters an den Palazzo della Ragione in Padua (Fig. n), der ja selbst auch der Ausgangspunkt
für Palladio gewesen ist. Nur kann man an der Art, wie Palladio und wie der Meister des Belvederes
das gleiche Vorbild benutzten, den Abstand dieser beiden Meister bemessen: während Palladios Bau
eine geniale Neuschöpfung dieser Idee bedeutet, hält der Belvederemeister sklavisch am Vorbilde fest.
Man muß sich überhaupt darüber klar sein, daß die italienischen Meister, die den Weg über die Alpen
einschlugen, sicherlich selten zu den führenden Meistern, ja oft nicht einmal zu den Talenten in ihrem
Lande gehörten. Winkender Gelderwerb, das Fehlen künstlerischer Konkurrenz und daher leichter
Ruhm und Ehre mögen ihre Hauptmotive gewesen sein. Und in der Tat, die Säulen, die Gesimse des
Belvederes wären für Italien zumindest um fünfzig Jahre verspätet.

Fig. iC. Neue Schloßstiege, Giebel des ehemaligen Palais Slawata (heute Palais Thun).

Daß diese Meister es überhaupt mit der künstlerischen Ehrlichkeit, mit dem Schaffen aus sich
heraus nicht allzu genau nahmen, wird noch durch anderes bewiesen: Betrachtet man den Arkaden-
unterbau näher, so fallen die Fenster- und Türumrahmungen des Kerns auf, deren feierliche Grandezza
zu der fröhlichen Leichtigkeit der Arkaden selbst, zu den jonischen Kapitalen mit den Fruchtgirlanden,
zu dem lustigen Rankenwerk am Gesimse nicht recht passen will. Ganz offenbar sind das die strengen,
etwas schweren Formen der sich dem Ende zuneigenden Hochrenaissance, die sich irgendwie in diesen
so ganz anderen Bau verirrt haben müssen. Für diese überaus lastenden Sopraporten, die die Eingangs-
pforten drücken (Taf. VIII), wird man an italienischen Bauten vor 1530 schwerlich ein Vorbild finden.
Schlagen wir aber das IV. Buch des Serlio auf, das, wie gesagt, 1537 zum ersten Male erschienen
war, so finden wir auf fol. LH die Zeichnung einer Tür, die Serlio, wie er im Texte sagt, nach einem
antiken korinthischen Tempel, etwa eine halbe Meile vor Spoleto, aufgenommen hat (Fig. 12). Die
fragliche Tür des Belvederes ist nun nicht etwa nur eine Anlehnung, sondern eine getreue Kopie, respek-
 
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