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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 31.1913-1914

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I. Teil: Abhandlungen
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Kuhn, Alfred: Die Illustration des Rosenromans
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https://doi.org/10.11588/diglit.6178#0009
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DIE ILLUSTRATION DES ROSENROMANS.

Von

Alfred Kuhn.

Einleitung.

jjm Ausgange des Mittelalters stehen zwei gewaltige Dichtungen, die dessen ganzen
Ideengehalt noch einmal zusammenfassen: Dantes göttliche Komödie und der Roman
der Rose von Guillaume de Lorris und Jean de Meung. Wenn auch nach Form und
Inhalt noch ganz dem Mittelalter angehörend, sind sie doch beide in ihrem Geiste
schon völlig Kinder einer neuen Zeit; fast zwei Jahrhunderte lang haben sie die
Menschheit in immer steigendem Maße beherrscht. Es ist recht charakteristisch für
die Art ihrer Schätzung, daß man im Anfang des XV. Jahrhunderts schrieb, Dante
habe sich in Paris bei den Dichtern des Rosenromans die Inspiration für sein Werk geholt. 1

Die Nachwelt hat anders geurteilt. Während heute des Florentiners Schöpfung Gemeingut aller
ebildeten geworden ist, kennt man vom Rosenroman meist nicht viel mehr als den klangvollen Namen.
Nur wer die gewaltige Menge der auf uns gekommenen Handschriften2 und frühen Drucke3 überschaut
und vielleicht einmal einen Blick in die durch ihn hervorgerufenen Streitschriften4 getan hat, die seit
dem Ende des XIV. Jahrhunderts für lange Zeit die Gebildeten in Atem hielten, nur der kann sich eine
orstellung von der einstigen Bedeutung dieser heute so gänzlich vergessenen Verse machen.5

In einem ebenso gelehrten wie reizvoll geschriebenen Buche6 hat Ernest Langlois die Quellen
au gedeckt, denen der Rosenroman entsprungen ist. Nach jahrhundertlangen Kämpfen — so führt er
war Ruhe in Frankreich eingezogen. Die kriegerischen Barone, die so lange Zeit Brand und Ver-

' Im Boccacio der Arsenalbibliothek, Ms. 5193, fand Henri Martin auf fol. 395 eine Einschiebung, in welcher der
Kopist Laurent de Premierfait vom Aufenthalte Dantes in Paris erzählt und eine anscheinend unter den Pariser Studenten
verbreitete Meinung wiedergibt, Dante habe während seiner Anwesenheit in Paris den Plan gefaßt, nach dem Muster des
Rosenromans seine göttliche Komödie zu verfassen (voult en langaige florentin, souh aultre maniere de vers rimoiez, contre-
fatre au vif le beau livre de la Rose: H. Martin, Le Boccace de Jean sans Peur, Bruxelles chez Van Oest 1911, p. 10, 11).

1 E. Langlois (Les Manuscrits du Roman de la Rose 1910 p 2) hat über 200 Handschriften zusammengestellt
und schätzt die Zahl der unbekannt in Privatbibliotheken vorhandenen 'ebenso hoch.

J Zwischen 1481 und i538 erschienen nicht weniger als 21 Drucke: F. W. Bourdillon, The early Editions of the
Roman de la Rose, London 1906 (Illustrated Monographs XIV, p. 206 ff.).

4 Histoire litteYaire de France XXIII, p. 46 — 52.

■ Aus den Inventaren Charles' V., des Herzogs von Rerry und der burgundischen Herzöge geht die Existenz einer
ganzen Reihe von Teppichen mit Szenen aus dem Rosenroman hervor: Dehaines, Documents et extraits divers concernant
l'histoire de l'art dans la Flandre, l'Artois et le Hainaut avant le XV siecle, p. 63t, 650, 657, 844, 9°7, — Labarte,
inventaire du mobilier de Charles V (Coli, de Documents ine"dits sur lhistoire de France, Paris 1879), p. 378, 7'°- —
Guiffrey, Inventaires des tapisseries du roi Charles VI (Bibliotheque de l'Ecole des Chartes 1887), p. 97. )05. I07- — E-
Delaborde, Les Ducs de Bourgogne II (Inventar der Tapeten Philipps des Guten von Burgund), p. 267, 844. — M. J.
Roman, Inventaires et Documents relatifs aux Joyaux et Tapisseries des Princes d'Orleans-Valois (T389—1481), Paris 1894,
Nr. 467, Nr. 734. Jules Guiffrey, Inventaires de Jean Duc de ßerry, Paris 1894, U, p. 210. — Wie mir Herr Direktor
Böttiger in Stockholm freundlichst mitteilte, soll ein Exemplar aus dem Anfang des XVI. Jahrhunderts in der Wallace Collection
und ein weiteres aus derselben Zeit auf der Wartburg existieren.

' E. Langlois, Origines et Sources du Roman de la Rose (Bibliotheque des Ecoles francaises de Rome et
d'Athenes 1890).

XXXI. I
 
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