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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 31.1913-1914

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I. Teil: Abhandlungen
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Kuhn, Alfred: Die Illustration des Rosenromans
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https://doi.org/10.11588/diglit.6178#0024
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i6

Alfred Kuhn.

Miniaturen der ersten Textseite und den übrigen ist ein sehr bedeutender qualitativer Unterschied. Wohl
ist die Art und Weise, in der sich die Personen bewegen, dieselbe, wohl sind auf den verschiedenen
Miniaturen der Handschrift dieKostüme der Personen, die Architektur und die Hintergründe die gleichen;
aber die rein handwerkliche Technik der Ausführung weist bei genauerem Zusehen bedeutende Unter-
schiede auf. Die erste Seite ist fortgeschrittener, sie ist malerischer behandelt als der Rest des Codex.
Wenn man in diesem bei Haar und Bart ziemlich deutlich die Arbeit der Feder beobachten kann, die
auf die getrocknete Farbe noch ihre Linien einzeichnete, ein Gleiches auch von den Gesichtszügen, ja
häufig auch bei den Gewändern nachgewiesen werden kann, so findet man auf der ersten Seite den Bart
oder das Kopfhaar des Liebenden mit einem einzigen Farbtupfen angedeutet und Augen wie Brauen
ebenso mit der Pinselspitze ausgeführt. Nicht Linien sondern Farben geben hier dem Gesichte Rundung
und Ausdruck. Vor dem Original ist diese technische Differenz unverkennbar. Auch unter den übrigen
Miniaturen ließen sich Hände scheiden, wenn auch schwieriger. Im großen und ganzen jedoch deutet
alles: Darstellung, Umrahmung und Hintergründe auf Paris und die zweite Hälfte
des XIV. Jahrhunderts. Ja, man ist versucht, nach Vergleich mit einer Handschrift, wie «Les voyages
de Jean de Mandeville», Bibl. Nat. franc., nouv. acqu. 4515 vom Jahre 1371/ die hauptsächlich auf der
ersten Textseite schlagende Ähnlichkeiten der Austattung aufweist, auch unsere Handschrift in die
siebziger Jahre näher zu datieren. Das Folgende wird zeigen, wieweit dies richtig ist.

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Fig. 2. Paris, Bibliotheque Nationale, francais 1559, fol. 1.
Ende des XIII. Jahrhunderts.

Paris und seine Kunst im XIII. Jahrhundert.

Erst mit der Regierung Philipps des Schönen (1285—i3i4) scheint Paris aus dem Prozesse lang-
samer Entwicklung herauszuwachsen, der über ein Jahrhundert gedauert hatte. War es doch vor den
Tagen Philipp Augusts nichts anderes gewesen als eine einfache Provinzstadt. Zwischen dem rechten
Seine-Ufer, einer ehemals zusammenhangslosen Ansammlung befestigter Bauten, dem linken Ufer mit
seinem planlosen Straßengewirr und der dazwischen liegenden Insel ist eine Verbindung hergestellt.

1 L. Delisle, Facsimiles de livres copies et enlumines pour le roi Charles V, Paris 1903, p. II. — Derselbe,
Recherches sur la librairie de Charles V, p. 275, Tafel VI.
 
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