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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 8.1893

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Rossbach, Otto: Vier pompejanische Wandbilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.38776#0062
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^2 Rofsbach, Vier pompejanische Wandbilder.
dieselben wie auf dem Gemälde und die Übereinstimmung erstreckt sich sogar auf
Einzelheiten wie das Gewand des Mädchen, die Erhebung ihres einen Fufses auf
den Zehenspitzen, die Lage ihres rechten Armes und die selbst in
der Fingerhaltung gleiche Zeichnung der rechten Hand des Mannes.
Dafs dieser aber nicht Polyphemos sein kann, sehen wir sofort. Denn
ihm fehlt das Stirnauge und in dem hoch erhobenen Bausch seiner
Chlamys trägt er Früchte und Blumen, ein Motiv, das sich bei jenem
nicht nachweisen läfst, bei Satyrn aber öfters vorkommt4. Wir haben
demnach auch in dem Wandgemälde die Liebesscene eines Satyr
mit einer Nymphe zu erkennen, wie sie sich oft genug in ähnlicher Auffassung
auf campanischen Bildern findet (Helbig 542—556 b). Diese Deutung ist um so
wichtiger, als mit ihr und einigen anderen gleichfalls mit Unrecht auf Polyphemos
und Galateia bezogenen Bildern (Helbig 1050. 1051. 1053. Sogliano 470—475)
die Hauptstütze für die allgemein verbreitete Annahme fällt, dafs die alexandrini-
sche Poesie eine Form der Sage gekannt habe, nach welcher die Nereide endlich
den Kyklopen erhörte5. Denn die Stellen des Properz (III 2, 5) und des Nonnos
[Dionys. VI 300 fg. XIV 61 fg.) beweisen hierfür nichts, da sie völlig entsprechend
dem Charakter der spröden, aber gefallsüchtigen Nymphe nicht mehr besagen, als
dafs sie gelegentlich auf das Lied des Polyphemos horcht und mit ihm coquettirt.
Bei Nonnos sagt sie sogar ausdrücklich (VI 322) xal '(hjy.zpry rrsp sousav leb KuxXw-Os
doibry und (324) oux aki^ai IloXucnjjxou. Dagegen läfst sich die von Timäos erfun-
dene Form der Sage (E. M. DAorua = FHG I S. 200 fragm. 37), dafs Galateia dem
Polyphemos einen Sohn Galates, den Eponymos der Galater, gebar, weder bei
griechischen noch bei römischen Dichtern nachweisen. — Das Vorkommen der
Darstellung auf dem Gemälde und dem Kameo spricht für die Berühmtheit des vor-
auszusetzenden Originalgemäldes. Welche der beiden Nachbildungen diesem am
nächsten steht, läfst sich nicht mit Sicherheit entscheiden. Doch möchte man die
Gemme für treuer halten, da kaum anzunehmen ist, dafs die Bewegung des linken
Armes des Satyr auf dem Gemälde aus der abweichenden Haltung desselben auf
dem Kameo entstanden ist, das umgekehrte aber viel leichter möglich war. Auch
ist durch das Sitzen des Satyr auf dem Bilde und das unschöne seitliche Ausstrecken
seines linken Beines, welches mit dem Bestreben zusammenhängt die Umarmung
als eine möglichst innige erscheinen zu lassen, das auf dem Kameo noch mit einer
gewissen Zartheit behandelte Motiv gröber und sinnlicher geworden.
II. Von der 1874 zu Pompeji in der casa del Orfeo aufgefundenen Bergland-


leise anzuzweifeln, da sie davon sagen 'nicht
ohne modernen Ausdruck’. Aber man mufs be-
denken, dafs dies Uriheil einer Zeit angehört,
als nach H. K. E. Köhlers Vorgang manche
Archäologen ihre Kennerschaft von geschnitte-
nen Steinen durch möglichst viele, oft wenig
genug begründete Unächtheitserklärungen zu be-
weisen suchten. Dafs übrigens auf den Kameo

kein Verdacht fallen kann, zeigt grade die nicht
völlige Übereinstimmung mit dem Gemälde.
4) S. z. B. Clarac, Musee Taf. X35 no. 119, 715
no. 1707, 716 no. 1685 E, 716 A no. 1685 B C
u. ö., Bracci II tav. d’agg. XVI 2.
5) Aufser Helbig a. a. O. s. Holland S. 305 und
P. Weizsäcker in Roschers Lexikon der Mytho-
logie I S. 1587 fg.
 
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