Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 8.1893

DOI Heft:
Heft 3
DOI Artikel:
Michaelis, Adolf: Der Schöpfer der attalischen Kampfgruppen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.38776#0130
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
120

Michaelis, Der Schöpfer der attalischen Kampfgruppen.

Cardinal Domenico Grimani drei davon erwarb, erklärt sich am einfachsten daraus,
dafs die Fundstätte kein Privateigenthum war.
Eine günstige Fügung hat uns ein zweites Zeugnis aus demselben Winter
1514/15 bewahrt, das uns über den weiteren Erfolg jener Ausgrabung belehrt. Es
ist die Aufzeichnung des Rechtsgelehrten Claude Bellievre aus Lyon, auf die zuerst
Bormann, später Eug. Müntz aufmerksam gemacht hat5 6 *. Bellievre fand apud edem
divi Eustachii in una domo mulieris ciäusdam de Ursinorum familia, d. h. also bei
Madonna Alfonsina, sechs Statuen, die auch er auf den Kampf der Floratier und
der Curiatier bezog; eine siebente war in den Besitz des päpstlichen Schwagers
gelangt und ward im Vatican im Wachtlokal der Schweizer aufbewahrt0. Unter
den sechs Statuen war nur eine weibliche, Horatiorum soror, forma decora, confossa
paullo super mamillam dextram, quam prostratam infantulus suus arida sugens ubera
amplectitur. So wenig auch dies kindersäugende Weib zur soror virgo quae de-
sponsa uni ex Curiatiis erat7 pafst, so ist es doch kaum zweifelhaft, dafs grade
diese Statue den Anlafs zur ganzen Deutung gab, und da die Deutung schon in
Strozzis Brief erwähnt wird, mufs die Statue zu den zuerst gefundenen gehören.
Ivlügmanns Versuch, das Auffällige der jungfräulichen Amme durch die Annahme
zu beseitigen, dafs ein Gelehrter der Renaissancezeit in unzeitiger Erinnerung an
Plinius8 neben die todte Braut einen Kindertorso gelegt habe, an sich wenig wahr-
scheinlich, wird vollends unglaublich wenn wir bedenken, dafs diese Ausstattung der
Braut mit einem Kinde schon in die ersten Monate nach der Auffindung fallen und
dabei so dauerhaft ausgeführt sein müfste, dafs Aldrovandi noch nach 36 Jahren
die unnatürliche Verbindung ungelöst vorfand. Denn er sah 1550 in den Gärtchen
der casa di Madama aufser drei todten »Curiatiern« una donna con veste fino d
ginocchi, dimezzo rilevo: ha seco un putto, che e senza testa e braccia9, ohne allen
Zweifel dieselbe Figur.

5) Bormann bei Klügmann (Anm. 2) S. 35; mit
geringen Abweichungen Müntz (Anm. i). Der
Bericht findet sich in Bellievres handschrift-
lichen Noctes romanae in der Pariser National-
bibliothek, fonds latin 13123, Bl. 187. Bellievres
römischer Aufenthalt fällt in das zweite Jahr
Leos X (CIL. VI, I, S. XLVI), d. h. vor den
März 1515.
6) Jahrb. 1890 S. 37 Anm. 132. Die Zweifel Sal.
Reinachs (Rev. arch. 1889, XIII, 18) an der Iden-
tität der von Bellievre (ad papam vecta erat) und
der von Aldrovandi (S. 122 nella guardia di sua
Santita, vgl. Boissard I, 14 ad stationem Helve-
tiorum qui excubant ante cubiculum Pontificis) ge-
nannten Statue sind mir unverständlich. Ebenso
sicher scheint es mir, dafs es sich um den
nackten Krieger mit der Mütze in der vaticani-
schen galleria dei candelabri n. 269 handelt (Mus.
Pio Clem. III, 50. Mon. Ined. d. bist. IX, 21, 6,

vgl. Helbig, Führer n. 384), obschon Bellievres
Worte horum omnium unus (so Bormann, tantum
Müntz) superstes et victor fuit Marcus Horatius
wenig mit der Statue übereinzustimmen scheinen.
Aber Bellievre berichtet von ihr ja nur nach
Hörensagen, und verglichen mit den andern
Statuen ist . diese immerhin noch bedeutend
kampffähiger. Sie scheint bis zur Einrichtung des
pio-clementinischen Museums bei den Schweizern
verblieben zu sein, da sie, von Cavaceppi restau-
riert (Visconti), munificentia Pii VT, wie die In-
schrift nach einer Mittheilung Sauers besagt,
dem Museum einverleibt worden ist. — Im
Übrigen vgl. über die Statuen Reinach a. a. O.
S. 11 ff. und die sonstige von Helbig angeführte
Litteratur.
7) Liv. 1, 26.
8) Plin. 34, 88. ss, 98.
9) Statue S. 188. Der Ausdruck di mezzo rilevo,
 
Annotationen