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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 8.1893

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Schöne, Richard: Zu Polygnots delphischen Bildern
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https://doi.org/10.11588/diglit.38776#0198
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188

Schöne, Zu Polygnots delphischen Bildern.

ob Robert ihr zustimmt, geht aus seiner Bemerkung S. 68 Anm. 56 nicht hervor2.
Allein xeXeio?, welches, wie Jahn ganz richtig hervorhebt, »vollendet« im Sinne von
»ausgewachsen« bedeutet, ist in jener anderen Bedeutung nicht nachgewiesen und
die ausführliche Darlegung Böckhs [C. I. Gr. II p. 664 k), dafs eixu>v xsXsia Ypaircij
ein Bildnifs in ganzer Figur bedeute, nicht widerlegt. Die wie mir scheint richtige
Auslegung verdanke ich einem Hinweis Kekules auf den Gebrauch, welchen Aristo-
teles von dem Worte xeXsio? in der Definition der Tragödie macht. Bei Alian sind
zunächst die Worte sipyaCeto xa a&Xa ein gesuchter, nicht ohne Weiteres verständ-
licher Ausdruck, den Perizonius (ähnlich auch Solanus zu Lucian. V S. 419 Bip.)
wol richtig erklärt: adquir'ebat sibi certaminis praemia, so dafs xa xlXsia das Gebiet
bezeichnen würde, auf dem Polygnot »seine Kampfpreise erarbeitete« 3 oder, wie man
modern sagen würde, »seine Lorbeern pflückte«. Wenn nun Aristoteles die Tra-
gödie definirt [Poet. 6 p. 1449024) als Ttpa'£s<n? attouSaia? xotl xsXsta? jaejeöo?
syouSY]?, oder (ebda 7 P- 1450624) xeXsta? xotl oXy]? Tcpa^sto? jnjj-Yjai? syooa/]? xi fj.s7s.h0?
(vgl. 8 p. 1459 a 19) und diefs dann dahin erläutert, dafs oXov xotl xeXsiov sei, was (ge-
hörigen) Anfang, Mitte und Ende habe, so erscheint die Anlehnung an die aristo-
telischen Kunstausdrücke unverkennbar4. In Bezug auf diese genügt es, auf ihre
erschöpfende Erläuterung bei Vahlen (Beiträge zu Aristoteles Poetik I S. 26 ff.) zu
verweisen. Analog werden auch bei Alian p-sjaXa und xsXeta auf die behandelten
Gegenstände zu beziehen und die Stelle dahin zu verstehen sein, dafs Polygnot Vor-
würfe von einer gewissen Gröfse und Fülle, und von einer in sich abgeschlossenen
Ganzheit behandelte und dafs eben hierin Dionysios ihm nachstand, während er im
specifisch Künstlerischen ihm nahe kam. Dabei darf man freilich piEjaXa nicht ein-
fach mit ppj-svlo? (oder pijEÖo? xi) lyov ganz gleichsetzen, da mit letzterem Ausdrucke
Aristoteles nicht nur das was zu gering an Ausdehnung oder Bedeutung ist, sondern
auch das zu Grofse, Mafslose ausschliefsen will (p. 1450 b 39; Vahlen a. a. O. S. 27),
wozu bei der vergleichenden Charakteristik des Polygnot und Dionysios keine Veran-
lassung vorlag. Wenn Älian nach den oben angeführten Worten fortfährt: xa oe xou
Aiovuatou 7lXy|v xou jasjeDou? xy]V xou IloXujvcnxou xsyvYjv sjj.tjj.sixo ei? x/jV axpißsiav, TtaTo? xat
rjfo? xal ay/jaaxtov ypyjatv (xal) Ljj.axüuv XsiirxoxYjxa xal xa Xotrra, so werden mit srXYjV xou
jj^jeHou? augenscheinlich nicht nur xa jj-sjaXa, sondern auch xa xeXsta ausgeschlossen;
denn xeXeiov in diesem aristotelischen Sinne kann nur das sein, was eine gewisse
Gröfse und Fülle hat5, ja der Ausdruck bezeichnet eben das Grofse und Völlige als
ein angemessen Abgeschlossenes und Gegliedertes. Auf lcbensgrofse Figuren bei Poly-
gnot ist dann aus der Älianstelle nicht zu schliefsen. Auch Roberts Versuch (S. 68),

2) Bedenken gegen Jahns Erklärung erhebt auch
Schubart, Z. f. d. AW. 1855 Sp. 403 b, dessen
eigener Erklärung von xa xeXeta ich jedoch nicht
zu folgen vermag; vgl. Anm. 5.
3) Perizonius und Solanus verweisen für diese Be-
deutung von £pydCeciHai auf Graevius zu Hesiod.
dtxpi'ßeta, yj&o;

op. et d. 43 (lect. Hes. p. 9), der jedoch kein
völlig entsprechendes Beispiel beibringt. Ähn-
lich Dio Chrysost. 77. 78, 3; doch ist dort die
Lesart unsicher.
4) Vgl. unten S. 215.
5) Schubart a. a. O. wollte unter xd xAsia gerade
etc. verstehen.
 
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