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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 17.1902

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Swarzenski, Georg: Mittelalterliche Kopien einer antiken medizinischen Bilderhandschrift
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https://doi.org/10.11588/diglit.47179#0055
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MITTELALTERLICHE KOPIEN EINER ANTIKEN
MEDIZINISCHEN BILDERHANDSCHRIFT.
Die Bedeutung der antiken Buchillustration für die Geschichte der spät-
antiken Malerei ist anerkannt, und es liegt wohl mehr an der üblichen methodischen
Trennung der klassischen Altertums- und Kunstwissenschaft von der christlichen, als
an der künstlerischen Inferiorität der Denkmäler, wenn gerade auf diesem Gebiete
die Archäologie der letzten Jahrzehnte geringere Fortschritte machte, als sonst. Die
drei berühmtesten Bilderhandschriften der Antike gehören mit zum ältesten Inventar
der archäologischen Forschung, und seit den von Strzygowski veröffentlichten späten
Kopien der Kalenderbilder des Chronographen vom Jahre 345 1 ist eine wesentliche
Materialerweiterung nicht erfolgt. Von jenen drei berühmten antiken Bilderhand-
schriften geben zwei den Vergil, eine die Ilias: Kein Zufall; denn jede Zeit illustriert
ihre Klassiker, und die auffallend gröfsere Anzahl der erhaltenen christlichen Miniatur-
handschriften aus der gleichen Epoche bezeugt nicht etwa einen Wechsel der
künstlerischen Tradition, sondern dafs die Klassiker in ihrer Eigenschaft als Lieb-
lingsschriftsteller der ost- und weströmischen Kaiserzeit durch die biblischen Bücher
ersetzt wurden. Bei all diesen Bilderhandschriften, Erbauungsbüchern dichterischer
oder religiöser Art, ist die Illustration eine freie, künstlerische Zuthat, die man nicht
aus sachlichen, inneren Gründen dem Text hinzufügte, sondern gleichsam zur Aus-
zeichnung für den Autor, aus der Bewunderung für sein Werk, steigerte man ge-
legentlich den Wert und die Erscheinung auch des einzelnen Exemplars durch einen
malerischen Schmuck.
Anders liegt der Fall bei einer anderen, weniger beachteten Klasse antiker
Bilderhandschriften, deren Illustrationen eine sachlich begründete, mehr oder minder
notwendige Ergänzung zum Texte bilden. Es sind das die wissenschaftlichen
Werke, denen Abbildungen zur Erläuterung der textlichen Ausführungen gegeben
werden. Die bisher näher bekannt gewordenen antiken Illustrationswerke dieser
Art, soweit sie einen höheren Kunstwert beanspruchen, gehören zwei bestimmten
Stoffgebieten an: der Astronomie und Medizin. Von derartigen medizinisch-natur-
wissenschaftlichen Bilderhandschriften ist das für Julia Anicia, eine Enkelin Valen-
') Jahrb. des kaiserl. deutschen archäol. Instituts, i. Ergänzungsheft. Berlin 1888.
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Jahrbuch des archäologischen Instituts XVII.
 
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