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8ο

Graef, Antiochos Soter.

Nicht anders ist es bei denen, welche Antiochos in höherem Lebensalter zeigen,
links unten auf der Tafel der Archäologischen Zeitung und Nr. 6 auf der des
englischen Kataloges. Hier stimmen die Formen um den Mund besonders mit dem
Marmorkopfe überein. Ähnlich ist das andere aufTaf. 3 abgebildete Exemplar des
Berliner Kabinetts.
Wir haben also in dem Kopf des Vatikanischen Museums einen hellenisti-
schen Herrscher, der zeitlich unter die ältesten Diadochen gehören mufs, und
dieser Kopf stimmt durchaus zu dem Bilde, welches die Münzen des Antiochos I
bei kritischer Betrachtung von dessen Kopf erzeugen. Diese kann nur zur Prüfung
und Überwachung des Eindruckes dienen, überzeugen kann sich nur, wem unmittel-
bar die Münzbilder einen solchen persönlichen Eindruck hervorrufen.
Der Kranz, welcher den Marmorkopf schmückt, um den Fürsten als neuen
Dionysos zu kennzeichnen, pafst für einen Seleukiden besonders gut, denn Seleukos
war es, der mit Alexander und Dionysos wetteifernd einen Zug nach Indien unter-
nommen hatte12. Den Seleukos selbst aber in dem Kopfe des Vatikan zu er-
kennen, verbietet sein Porträt auf den Münzen, trotz einiger Ähnlichkeiten, die ich
nicht verkenne. Dafs die Tradition seiner indischen Expedition am Seleukidenhofe
lebendig blieb, würde eine Untersuchung der Überlieferung über den indischen Zug
des Dionysos ergeben. Sie würde zu der Vermutung führen, dafs die zweite Sagen-
form, welche ich De Bacchi expeditione Indica S. 6 bei Nonnus nachgewiesen habe,
und deren Spuren sich bei Ovid finden, auf Euphorion von Chalkis zurückgehen,
der am Hofe des dritten Antiochus lebte. So vermutete schon Meineke, Analecta
Alexandrina S. 21 und 50, und wies einige Spuren auf, zu denen auch Frgmt. XCIV
noch gerechnet werden darf.
Wir wissen, dafs Eutychides, ein Schüler des Lysipp, für Antiochia die
Tyche geschaffen hat. Die kleine elende und verstümmelte Replik, in der das
Werk auf uns gekommen ist, läfst doch noch erkennen, dafs es ein bedeutendes
Kunstwerk war, wundervoll in seinem Aufbau und von erstaunlicher Kühnheit in
der Ausbildung der Tiefendimension. Dafs das ein Erbe Lysippischen Wirkens ist,
hat E. Löwy wiederholentlich betont. Auch in dem Kopf des Antiochos wird man
gern die Anregungen der Kunst des Lysipp wiederfinden, die durch seinen Schüler
in das Reich der Seleukiden verpflanzt worden ist. Vielleicht darf man einstweilen
frageweise auch hierfür den Eutychides verantwortlich machen.

Berlin.


12) Droysen, Hellenismus III, I. S. 78.
 
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