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Deutsches Archäologisches Institut [Editor]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Editor]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 37.1922(1924)

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Rodenwaldt, Gerhart: Der Belgrader Kameo
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https://doi.org/10.11588/diglit.44817#0048
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G. Rodenwaldt, Der Belgrader Kameo.

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Bildung des Gewandes entlehnt werden, ohne daß die Sicherheit und Formbeherr-
schung der alten Meister dabei erreicht wurde. Ungewöhnlich für das vierte Jahr-
hundert ist, darin hat Furtwängler Recht, die vordere Haarpartie am Kopfe des
Reiters; aber sie kann gegenüber allen andern Stilindizien nicht die entscheidende
Bedeutung haben, die ihr Furtwängler geben will. Die Arbeit ist an dieser Stelle
besonders schlecht und ungeschickt, soll aber doch wohl eine Lockenfrisur, wie sie
bei hellenistischen Herrschern üblich ist, wiedergeben.
Zu einer festen Datierung könnte man nur dann kommen, wenn es gelänge,
den historischen Anlaß des Kameos und die Persönlichkeit des Kaisers zu bestimmen.
Der Möglichkeiten sind viele; der Gedanke an den Sieg Constantius II. bei Mursa x)
liegt z. B. aus manchen Gründen nahe. Aber jeder Versuch führt, soweit ich sehe
in die Novellistik. Gerade, weil die Darstellung so ausgesprochen symbolisch aus
der Sphäre des realen Einzelereignisses in die der Idee gerückt ist, wird es schwer
halten, eine Beziehung auf einen bestimmten historischen Sieg wirklich zu beweisen.
Auch den gefährlichen Weg der physiognomischen Vergleichung des Kopfes mit den
Münzporträts will ich nicht beschreiten.
Antik sind an dem Kameo die Typen der Figuren, von denen der des Imperators
in ununterbrochener Folge sich auf Alexander den Großen zurückführen läßt 2)
und die Einzelformen, aber der Idee seiner Gesamtdarstellung nach ist er ein Nach-
fahre altorientalischer Siegesdenkmäler 3). So ist er ein Zeugnis der geistigen Be-
wegung, die von den Grenzen des römischen Reiches eindringend dem erstarrenden
Leib der Antike eine neue Seele gab.
Berlin. G. Rodenwaldt.

*) R. E. IV i, 1067 f. (Seeck). Daß Constantius
der Schlacht persönlich ferngeblieben ist, würde
die Darstellung nicht verhindert haben. Vgl.
das Schlachtbild auf dem Schilde des Constantius
auf dem Wiener Goldmedaillon (Gnecchi I Tav.
12). Auf Constantius II. ist auch der Pariser
Cameo Babelon 312, PI. 38 (Venturi I 553, Fig.
460; v. Falke, Kunstgesch. d. Seidenweberei 63,
Abb. 79) bezogen worden, auf dem der Reiter
über zwei wehrlose, kleine Gegner hinwegsprengt,
näheren

Der merkwürdige Stil des Steins ist von dem
Belgrader ganz verschieden.
3) v. Falke, Kunstgeschichte der Seidenweberei 63.
Es kann sich hier nicht etwa um eine Variation
des »Reiterheiligen« handeln, dessen Spuren
. Strzygowski (vgl. zuletzt Ursprung d. christl.
Kirchenkunst 148 ff.) nachzugehen sucht.
3) Vgl. Sarre-Herzfeld, Iranische Felsreliefs, Text
S. 249 ff. Welche Anregungen den Forschungen
Strzygowskis verdankt werden, bedarf keiner
Ausführung.
 
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