Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Christusdarstellungen.

69

Jn dem Auferstandenen (Akademie zu Madrid) macht der wohlgebildete jugend-
liche Körper, auf deu das starke Oberlicht ausfchließlich gesammelt ist, den Eindruck einer
sorgfältigen Studie; man erkennt die sitzende Stellung, welche er dem Modell augcwieseu
hatte. Das Gefühl des neuen Lebens spricht aus dem emporgestreckten rechten Arm, aus
dem die Luft der Oberwelt voll eiuziehenden Munde, aber der Blick nach oben ist kalt
und leer. Die Bewegung des Emporschwebens ist angedeutet durch Haare. und Mantel,
die eiu starker Luftzug seitwärts weht. Die schlafende Wächterschar, statt wie meist sich
lärmend breit zu machen, ist iu sehr zusammengekauerten Stellungen gebührendermaßen
ins Dunkel geschoben.

Am glücklichsten war er, wo das Motiv der Gestalt aus eiuer menschlich ergreifen-
den Situation abgeleitet werden konnte, als Gliedes eiuer Gruppe. Der Ausdruck des
Mitleids in der Senkung des Hauptes, in den das Vertrauen der Zerkuickten gewinnenden
Zügen giebt dem Heiland im Paralytischen einen hohen Rang unter deu Christus-
darstellungen. Jn dem Tod der heil. Klara, seinem ältesten Bild dieser Klasse,
ruhen die Augen mit zärtlicher Seitenwendung des Kopfes auf dem Anblick der ent-
schlafenen Freundin. Das breite dunkle Haupt von andalusischem Bau, in der Speisung
dcr Fünftauseud, wirkt mehr durch die Stellung als (ideeller) Mittelpunkt des ungeheureu
Ganzen und durch den feierlichen Akt des Segnens.

Jn vielen Werken aus allen drei Klassen bemerkt mau die sast stereotype Wieder-
kehr eines bestimmten Kopfes von derselben Form, derselben Wendung und Beleuchtuug.
Er ist in dreiviertel Ansicht genommen, seitlich geneigt, die verkürzte Hälfte tief im
Schatteu, Haare und Bart dicht und schwarz. Nur ein oberes Viertel des Gesichtes
tritt also hervor, ein edelgeschnitteues, großes Auge mit breiten Schatten der Brauen,
gesenkten Lider und Wimpern, und das helle Profil einer etwas kurzen, geraden
Nasc. Es ist, als sei der Maler mit einer gewissen Scheu der volleu Ansicht uud
Aussührlichkeit aus dem Wege gegangen, dem andächtigen Betrachter die ahnende
Ergänzung überlassend. Dieser Kopf kehrt wieder in der Jordantaufe, in der Klage
(Pietas), in mehreren Ecce Homo und Kreuzigungen, in der Erscheinung der Porciun-
cula im Prado.

Jn dem erstgenannten Bild (Taufkapelle der Kathedrale, über dem heil. Antonius)
ist der edle, von schweren dunklen Locken umrahmte Prophetenkopf des Tüufers dem
vor ihm sich neigenden Jesu eigentlich überlegen. Jhm steht sehr nahe die Büste des
Ecce Homo im Prado; in der Halbfigur mit gefesselten Händen und Rohr (im Museum
von Cadiz), sind die Züge voller beleuchtet und etwas individualisirt. Die Bewegung
des Sichabwendens drückt Scham und Unwillen aus; in einem anderen Exemplar das
gelassene Dulden dieser Überflutung durch Schmerz und Schmach (Baillie Hamilton).
 
Annotationen