Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
84

S. Augustm.

vater zweimal, schreibend und sich umwendend, wo ihm das Symbol der Trinität gezeigt
wird; und kniend vor der Mutter Gottes, der er ein Herz hinreicht, von dem Kinde
mit einem Pfeil durchbohrt. (Sevilla, Museum.) Die heil. Jungsrau lüchelt zu dem
mystischen Spiel: sie ist eine seiner heitersten und üppigsten; der tiefsinnige Kirchenlehrer
ist ganz vom Stamm jener bärtigen Kapuziner, ein Kopf von stark und scharf ausgeprägten
Zügen, großen schwarzen Augen, Brauen und Bart. Der Maler scheint weniger an den
christlichen Philosophen, als an den Afrikaner gedacht zu haben. Jn anderen Dar-
stellungen erschien er knieend am Altar, in reichgesticktem Pluviale, ganz nach vorn gewandt,
die Arme ansbreitend; über ihm hat sich ein von Engeln bevölkerter Wolkenvorhang
nicdergelassen, wie in der Vision der Heiligen von Padua und Assisi, und zu beidcn
Seiten erscheinen in kleinen, hell und zart gemalten Figürchen der Gekreuzigte und Maria;
sein Mund empfängt den Blut- nnd Milchstrahl. Dieselbe Figur hat in einem anderen,
klarer gemalten Bilde über sich ein Herz, mit dem Spruch aus den Confessionen: Ingaiatuia
ost oor (Orwell Park). Der Ausdruck ist hier bedeutender: der von seinen Zweifeln
erlöste, beruhigte Denker.

Während der Künstler in diesen Darstellungen eines Kirchenvaters, der ihm wahr-
scheinlich nie geistig nahe getreten war, sichtlich von theologischen Programmen abhüngig
blieb, zeigt er sich noch einmal, seinem eigensten Genius folgend, in den Geschichten jenes
neuen heil. Thomas von Villcmueva, der ja dem Orden der Augustinereremiten angehört
hatte; auch in Rom hat er in S. Agostino seinen Altar. Jn Sevilla hing das drollige
Geschichtchen aus seinen Kinderjahren (S. 24); ferner eine kleine aber figurenreichere
Wiederholung der Almosenspende mit der Gruppe der Caritas in dcn Wolken (North-
brook Gallery). Weit vorzüglicher gemalt ist jedoch dieselbe Szene, in tiefem, warmem
Hclldunkel, in Hertford House (aus Genua). Und hier ist denn der Platz für das Werk
welches den Meister auch in dieser Klasse von Stoffen in der Pinakothek zu München
so erfreulich vertritt: die Heilung des Lahmen an der Kirchenpforte. Denn jener Wunder-
thäter (früher Franz von Paula, Franz von Assisi, jetzt Jnan de Dios genannt), ist
nach dem goldnen Busenkrenz ein Bischof, nach der schwarzen Kutte ein Augustiner und
nach der Übereinstimmung mit dessen authentischem Bildnis in Valencia*) unser Thomas.
Selbst die Wendung und Ansicht des Kopfes, in letzterem motivirt dnrch das Lesen, ist
beibehalten. Der Maler hat ihm die Handlung angepaßt. Die Geschichte erzählen aus-
führlich die Bollandisten.

Das Bild wirkt hauptsächlich durch Schwarz und Weiß; und doch hat es mehr

*) Gestochen von M. Pitteri, in die Jlustres Espcwoles, und auch sonst iu Historienblätter
aufgenommen.
 
Annotationen