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Liepnitzwcrder und von Erkner an, bei denen geeignete Felssteingerölle durch grobe Zuschläge und ersten Schliff
zu brauchbaren, wenn auch noch rohen Beilformen umgebildct worden sind.
Einen gewaltigen Aufschwung zeigt die Entwicklung in der Jungsteinzeit, in der mehrere sich durchdringende
und überlagernde Kulturen die der mittelsteinzeitlichen Jäger- und Fischcrhorden ablösen. Von der Oder-
mündung dringt, von nordischen Vorgcrmanen getragen, die Großsteingräberkultur herein, deren eindrucks-
vollste Zeugen die wuchtigen Grabbauten, heute im Kreise restlos verschwunden, sind. Zu ihr tritt die von
Thüringen vordringende Binnenlandkultur, Schnurkeramikkultur nach der Art des Tongefäßschmuckes, oder
Streitaxtkultur nach den typischen Waffenbeigaben der Steinkistengräber genannt. Auch ihre Träger sind aus-
gesprochen nordisch und offensichtlich mannhaft kriegerischen Geistes. Aus der völkischen Verschmelzung der
Großsteingräber- und Streitaxtleute erwachsen die Urgermanen. Eine mitteldeutsche Sonderkultur nordischer
Prägung durch schöne Kugelgesäße mit schlichtem, aber eindrucksvollem Hals- und Schulterornamcnt belegt,
gehört bereits derSpätstufe des Zeitalters an. Endlich strahlt von Süden die Donaukultur der vermutlich nicht-
indogermanischen Bandkcramiker mit ihren zweckmäßigen Ackergeräten aus meist schiefrigem Felsgestein in den
Kreis hinein, ohne daß wir die Träger dieser Kultur selbst als heimische Siedler feststellen können. Offenbar
handelt es sich hier nur um Handelsware, die als besonders brauchbar willige Aufnahme findet. Von der Ton-
gefäßcrzeugung der nordischen Kulturen sind uns im Kreisgebiet nur dürftige Reste erhalten: die Randscherbe
einer Trichterschale von Wilhelmsau, größere Teile von Kugelflaschen von Neubuchhorst und Spreeau. Um so
eindeutiger zeugen die Leitfunde aus Flint und Felsgestein für diese Kulturen. Gemeinsam ist diesen Denk-
malen edle Formgebung und klare Zweckgestaltung.
Nirgends in Europa hat der Feuerstein eine so eindrucksvolle Behandlung erfahren wie in der Schleiftcchnik
des nordischen Volksraums. Die saubere Glättung des spröden Gesteins zeugt nicht nur von hochentwickelter
Technik, sondern die treffsichere Auswahl des vielfarbigen Werkstoffes und das feine Wechselspiel von Licht
und Schatten in den Muschelungen beweist zugleich einen ausgeprägten Schönheitssinn. Ihm mögen zum
großen Teil die Flintgeräte ihr zähes Nachleben verdanken in einer Zeit, in der auch bei den nordischen Völkern
das Metall bereits Allgemeingut zu werden begann. Zu den ältesten Zeugnissen der heimischen Großstein-
gräberkultur gehört die noch urwüchsige, nur am Schneidenteil angeschliffene kleine Flintaxt von Schönwalde,
z Dagegen sind die spitznackigen Äxte von Mühlenbeck und Hohenschöpping und der prächtige, der Einzelgrab-
kultur zugehörige Flintdolch von Zühlsdorf schon Meisterstücke ihrer Art. Ihnen gesellen sich zahlreiche dick-
nackige Flintbeile zu, von denen als schöne Leistungen etwa die von Hennickendorf, Münchehofe und Lieben-
walde genannt werdm dürfen. Binnenländischen Charakter tragen die Flinthacken mit spitzovalem Querschnitt
z von Wandlitz und Basdorf, letztere von besonders schöner Formgebung. Als Begleitfunde der Kugelflaschen
treten dünnblattigc Flintäxte bei Neubuchhorst, Neuenhagen und Wandlitz auf. Die meisterliche Handhabung
der Schlifftechnik zeigen die schnurkeramischen Streitäxte aus Felsgestein von Stolzenhagen und Hennicken-
dorf. Ihrer Zweckbestimmung entsprechend stellen sich die bandkeramischen Hacken und Pflugscharen mehr als
technisch hochwertige, weniger auf Schönheit abgestellte Werkstücke dar. Erwähnenswert sind unter den
zahlreichen Funden dieser Kultur besonders die außerordentlich flachen Hacken von Erkner und Petershagen
und die sehr sauber gearbeiteten Schuhlcistenkeile von Prenden, aber auch die kleine eirunde Hacke von Zinn-
dorf.
Die Fundkarte der Jungsteinzeit des Kreises ergibt eine ziemlich dichte Besiedlung, die nur den schmälsten
Teil des Kreises etwa zwischen Panketal und dem Neuenhagener Fließ freiläßt. Hier mögen damals noch
dichtere Wälder eine Grenze gebildet haben. Von den Siedlungen selbst liegen aus dem behandelten Gebiet
bisher noch keine verwertbaren Beobachtungen vor, von den Grabbauten wissen wir nur durch schriftliche Über-
lieferung, daß bei Wandlitz einst ein Großstcingrab, bei Wollersdorf vermutlich ein schnurkeramisches Stein-
kistengrab lag, aus dem ein schwerer granitener Arbeitöhammer erhalten ist.
Von den Kleingeräten rettet sich manches noch in die Altbronzezeit hinüber, deren neuer Werkstoff vorerst nur
spärlich Eingang findet und anfänglich kaum eine Umwälzung der Lebensgestaltung zu bewirken vermag. So
sind die kunstvollen kleinen Flintpfeilspitzen und -angelhaken von Oranienburg, Wandlitz, Borgsdorf, Wil-
helmsau ein Steinzciterbe, das vielfach die älteste Bronzezeit begleitet. Nur wenn wir diesen Umstand berück-
 
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