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Jerchel, Heinrich [Hrsg.]; Brandenburg <Provinzialverband> [Hrsg.]
Die Kunstdenkmaeler der Provinz Brandenburg (Band 3,4): Die Kunstdenkmäler des Kreises Niederbarnim — Berlin: Dt. Kunstverl., 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.45209#0018
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den Fenstern auf. Portale sind ein- oder mehrfach gestuft und ohne weitere künstlerische Behandlung. Solche 4Z8
blieb anscheinend dem Verputz Vorbehalten, der überall, wo er noch beobachtet werden kann, grobkörnig, hart
und dauerhaft ist; er hatte cingeritzte und gemalte Fugenlinien und war wohl meist steinsichtig (z.B. Birkholz).
In Alt Landsberg zeigt eine reichere Fensterumrahmung am Chor noch ornamentalen Putzschmuck der 189,190
Frühzeit.
Die Kirchen liegen entweder inmitten des in der Regel angerförmigen Dorfplatzes oder auf einer bevor- z8o
zugtcn Stelle seitlich davon (Hönow, Krummensee, Löhme). So beherrschten sie, durch Lage, Baustoff
und Größe ausgezeichnet, die meist wohl aus Holz errichteten Dorfhäuser einst in noch auffallenderer
Weise als heute. Über ihren kirchlichen Zweck hinaus sind sie stolze Sinnbilder der Dorfgemeinschaften und als
Bollwerke des deutschen Aufbauwillens zugleich die ersten Vorposten der Baukultur des Reiches.
Die von diesen Bauten erhaltenen Ausstattungsstücke beschränken sich auf Glocken mit großzügigen Buch- Z21
stabcngruppcn und feierlich-strengen bildlichen Darstellungen (Bernau,Fredersdorf, Lindenberg,Neuenhagen). Z67
An Kleinkunst sind wie durch ein Wunder ein Bronzeleuchter in Hönow mit verschlungenem Bandwerk- 614
schmuck und der altertümliche früheste Kelch von Kleinschönebeck übriggeblicben. Letzterer sowie mehrere 40z
Glocken und eine Reihe von pokalförmigcn Steintaufen (Bernau, Herzfelde, Krummensee, Werder, Jinndorf) 401
führen schon bis in das 14./15. 3H. hinein.
Die bis hierher an den Bauten gemachten Beobachtungen bestätigen sich aus der Geschichte insofern, als
um 12Z0 der Barnim von einem Herrn Barnim, vielleicht dem Pommernhcrzog Bamim I., in fried-
lichem Vertrag an die Brandenburger Markgrafen abgetreten wurde und nun eine intensive koloni-
satorische Ostpolitik einsctzcn konnte; hiermit wurde möglicherweise ein schon länger bestehender Zustand
rechtlich festgelegt und ausgcbaut, ja es ist anzunehmcn, daß damals bereits eine Reihe von festen Plätzen in
planmäßiger Anlage das Gebiet und die ersten wichtigen Straßen für die Askanier sichern half. Lm Kreis-
gebiet mögen hierzu gehören: Alt Landsberg, Blumberg, Bötzow und Bemau; Gründungsdaten, die man
auf Grund späterer Überlieferung für die Nachbarstädte Strausberg und Eberswalde (1254) besitzt, dürften
auch für die Orte des hier behandelten Gebietes etwa heranzuziehen sein. — Die deutsche Besiedlung erfolgte
weitgehend durch die Tatkraft der Markgrafen unter Beteiligung der ritterlichen Vasallen, des Bischofs und
der Klöster. 12Z7 werden dem Bischof Gernand von Brandenburg bei Beendigung des Zehentstreites 100 Hu-
fen unbebauten Landes im Barnim überlasten, wohl die Gegend des späteren Städtchens Blumberg, das
1Z75 in bischöflichem Besitz erscheint. Das Kloster Lehnin erwarb 1242 im Norden des Kreisgebietes einen
umfangreichen Besitz mit Klosterfelde, Arendsee (beiBernau), Wandlitz, Stolzenhagen,Wollersdorf,Schöner-
linde; die Mönche von Zinna erwarben etwa um die gleiche Zeit den größten Teil des südöstlichen Kreiszipfels
mit Kagcl als Mittelpunkt und Niederlassung, von wo Zinndorf, Rehfelde, Rüdersdorf, Herzfelde, Hennicken-
dorf planmäßig besiedelt und sicher auch mit Kirchen versehen wurden. Rüdersdorf gewann durch
die Ausbeutung seiner noch heute ergiebigen Kalksteinbrüche eine hohe wirtschaftliche Bedeutung, die
sich auch kunstgcschichtlich durch das frühe Vorkommen von Taufsteinen aus diesem Material belegen
läßt.
Die Ortsformen von Alt Landsberg, Bernau und Blumberg sind rundlich mit rechtwinkligem Straßennetz.
Die erste Befestigung ist als Bewallung zu denken, zu der erst später bei den beiden erstgenannten Orten Mau-
ern hinzutraten. — Wie das einstige Bötzow ausgesehen hat, wissen wir nicht, doch ist zu vermuten, daß es
wie Liebenwalde und ähnlich den meisten Dörfern des Kreises einen Anger besaß. Neben dieser Angerform
kommt auch ein Runddorf vor (Wandlitz; vgl. Mielke, Brandenburgia, Lg. S. iz).
In der letzten Zeit der Askanier — von der Askanischen Landesteilung 1258 bis zum Tode Woldemars im
Jahre 1Z19 — hat der Barnim politisch eine besondere Rolle gespielt, weil er durch die fortschreitende Besied-
lung des Landes jenseits der Oder in den Mittelpunkt des landesherrlichen Gebietes gerückt war. Noch bis
etwa 1Z20 scheint auch die erste baukünstlerische Blütezeit in dieser Gegend gedauert zu haben; zumindest er-
lauben einige Glocken die stilistische Festlegung auf das erste Fünftel des 14. Jh. (Schwanebeck, Börnicke).
Aus den dann folgenden Jahrzehnten fehlen in auffallender Weise alle datierbaren Kunstwerke. Diese Lücke
fällt zusammen mit der Zeit der politischen Wirren nach dem Tode des letzten Askanicrs (1Z20); damals
 
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