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7Ut bandsberg

Aber es war zu schwach, diese Stellung zu halten, und sank nach den Nöten und Wirren des 14. Äh. herab zu einer
Stadt ohne die Freiheiten einer solchen. Markgraf Jost von Mähren übergab sie kurz nach 1400 einem der mäch-
tigen märkischen Rittergeschlechter, denen v. Krummensee. Diese Familie hat zu den Lokatorcnfamilien des Barnim
gehört und war ringsum reich begütert.
Burg und Stadt, das ist der Inhalt des Alt Landsberger Schicksals seitdem. Vor 1400 hatte die Burg dem Landes-
herrn unmittelbar gehört; er ließ durch einen Lehnschulzen das Gericht ausüben. Das Gericht hielt nun ein v. Krum-
menseescher Stadtrichter ab, neben dem bürgerliche Schöffen nur wenig zu sagen hatten. Es ist überliefert, daß die
Stadt noch durch die Jahrhunderte ihre alten Freiheiten zu behaupten oder wiederherzustellen trachtete. Tatsächlich
entschied aber, wie bei vielen anderen märkischen Städtchen, die wirtschaftliche Übermacht des Burgherrn dieses
Ringen zu seinen Gunsten. Mauern und Tore hatten nur noch eine militärische Aufgabe, Symbol einer zu gemein-
samem Schutz und Trutz vereinigten freien, sich selbst verwaltenden Gemeinschaft waren sie nicht mehr. Bürger-
meister und Ratmannen, sowie die Viergewerke hatten wenig Bedeutung.
Auch äußerlich haben viele Brände das Stadtbild stark mitgenommen. 14Z2 soll Alt Landsberg durch die Hussiten
genommen und großenteils zerstört worden sein. 1569, i6;a, 1655 und 1684 suchten Feuersbrünste den Ort heim.
Durch viele Güterteilungen und den Dreißigjährigen Krieg waren die v. Krummensee so herabgekommen, daß sie
seit 1654 ein Gut nach dem anderen verkaufen mußten. Der Käufer von Alt Landöberg war Otto v. Schwerin,
der Oberpräsident des Geheimen Rates und damals erste Staatsmann Brandenburgs. Ahm sollte die Stadt neuen
Aufschwung verdanken. Nach dem Brande von 1655 kaufte er zahlreiche Bürgerstellen und baute sie wieder auf.
Als sich 1684 der Stadtbrand in noch größeren Ausmaßen wiederholte, hat er die alten Straßenzüge geradelegen,
durch AuSkauf von Grundstücken in der Mitte einen Marktplatz freilegen und die Häuser schöner, als sie vorher ge-
wesen, aufrichten lasten. Ohne diesen starken und umsichtigen Schloßherrn hätte die Stadt solche Schicksalsschläge
nicht entfernt so leicht überwinden können. Sie bezahlte den Wiederaufbau allerdings mit der Preisgabe der letzten
Reste ihrer Selbständigkeit: die Bewohner der neuen Häuser waren nur noch Nutznießer, nicht mehr Besitzer ihrer
Stellen.
Die mittelalterliche Burg ließ der Oberpräsident abreißen und baute seit 1657 ein neues Schloß, von dem keine
Ansicht erhalten ist. Selbstverständlich hatten die Gewerbetreibenden und Handwerker vom Schlosse großen Nutzen.
Nach Ottos Tode hat König Friedrich 1.1708 Alt Landsberg gekauft und das Schloß zu einer Residenz nach seinem
Geschmack umgestaltet. Er hat oft hier geweilt. Als Friedrich 171z gestorben war, sank aller Glanz dahin, und die
„Residenz" Alt Landsberg hatte für immer auSgespielt. Die Stadt wurde in ihrer Ruhe nur durch das Exerzieren
der Garnison, die eö schon seit dem Großen Kurfürsten beherbergte, gestört. Das Schloß verfiel, das Militär be-
nutzte seine Säle als Übungshallen; man rettete nach Berlin und Potsdam, was marmorn oder sonst irgend von
Wert war. 1757 endlich legte ein Brand den ehemaligen Palast Friedrichs I. in Asche, und man brach daraufhin
die Trümmer vollends ab. Die Stadt aber wurde durch das Verschwinden des Schlosses ihrer Bande keineswegs
ledig, sondern war eine Amtsstadt und unterstand in allem dem Pächter des Domänenamtes Alt Landsberg. Erst
das Jahr 1808 gab den Bürgern die Freiheit wieder, von deren einstigem Besitz noch heute die Mauern und Tore
reden.
Die alten Familien der Stadt hat der Dreißigjährige Krieg teilweise vernichtet. Otto v. Schwerin setzte auswärtige
Familien reformierten Glaubens in die Neubauten. Er wollte 1670/71 französische Gewerbetreibende ansiedeln;
diese zogen es aber nach kurzer Zeit vor, in Berlin Wohnsitz zu nehmen. An friberizianischer Zeit sind Kolonisten
angesetzt worden.
Man lebte in Alt Landsberg vornehmlich von der Landwirtschaft. Bau-, Jabel- und Werderfeld, besonders aber
die große Stadtheide im Osten waren die Grundlage eines gewissen Wohlstandes der eigentlichen Bürger. Diese
Grundlage ist gegen alle Eingriffe der Burgherrschast behauptet worden. Von den Gewerben hat allein die Tuch-
macherei einige Bedeutung gehabt. Es gab eine Walkmühle am Stadtgraben zwischen Berliner und Strausberger
Tor. Die Kämmerei zog ihre Einnahmen vornehmlich aus den üblichen Abgaben (Schoß der Bürger und Büdner,
Dammzoll der Durchreisenden, Stättegeld). Es gab zwei Jahrmärkte. Vom Oderbruch her passierte viel Fuhrwerk
die Stadt auf der Fahrt zur Landeshauptstadt. Aber erst 1854 erhielt Alt Landsberg durch die Chaussee Berlin-
Wriezen wirklichen Anschluß an den größeren Verkehr, der es nördlich und südlich umging.
Der Bau der Stadtkirche ist, wie bemerkt, schon im iz. Ah. begonnen worden. Hier hat Nikolaus Leutinger, der
Verfasser einer brandenburgischen Geschichte des 16. Ah., ein paar Jahre als Pastor gewirkt (1581/8;). Das
Patronat dieser Kirche besaß bis zur Reformation daS Prämonstratenserkloster Gramzow in der Uckermark; seit
1540 stritten sich dann der Landesherr und die v. Krummensee um seine Ausübung. Für die Reformierten hatte
Otto v. Schwerin Gottesdienste im Schloß eingerichtet. Schwerin hat ferner an Stelle eines im Dreißigjährigen
Kriege eingegangenen Georgenhospitals 1675 ein neues Spital gegründet und 1699 das Waisenhaus gestiftet. Eine
reformierte Schule hat eine zeitlang neben der Stadtschule bestanden.
1Z55 hatte der Bayer Ludwig der Ältere ein Servitenkloster (Marienknechte) gegründet. Für solche Bettelmönche
war die Stadt eigentlich zu arm, da die Angehörigen dieser Orden ihre Nahrung grundsätzlich durch Gaben ihrer
 
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