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Kerschensteiner, Georg
Die Entwickelung der zeichnerischen Begabung: neue Ergebnisse auf Grund neuer Untersuchungen — München, 1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.27816#0511
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§13- Vorschläge zur Praxis des Zeichenunterrichtes.

491

Formvferhältnisse und Formunterschiede, also auf die rein zeichnerischen
Merkmale, sondern auch auf Material und Gebrauchsart des Gegen-
standes und, wo es tunlich ist, auf die Übereinstimmung von Form,
Material und Gebrauchsart hingewiesen werden.

Die regelmässigen Zeichenübungen erfolgen mit weichem
Griffel auf Schiefer- oder Papptafeln, mit Bleistift auf Papier, mit
Kreide auf Wandtafeln, in der 4. Klasse allenfalls auch mit Kohle
auf geleimte Pappendeckel. Der Gebrauch von Farbstiften, Farb-
kreiden und Wasserfarben kann gestattet werden.

Jeder Gegenstand ist zunächst ohne irgend welche Vorzeichnung
oder Vorlage so olt als nötig aus dem Gedächtnis darzustellen ohne
Benützung von Schwamm, Radiergummi, Wischlappen. Der Massstab
der Darstellung ist im allgemeinen dem Schüler zu überlassen, doch
sind kleine Formen hintanzuhalten. Je grösser die Form, desto besser.

Der Gebrauch von Hilfsmitteln ist den Kindern zu untersagen.

Die Korrektur ist im allgemeinen Massenkorrektur. Sie erfolgt
in der Weise, dass der nochmals vorzuzeigende Gegenstand unter
erneuter Besprechung seiner Formverhältnisse vom Lehrer, oder
noch besser, wo dies möglich ist, von einem begabten Schüler an
der Schultafel sowohl richtig als in den hauptsächlichen Fehlern vor-
gezeichnet wird. Dabei ist zu beachten, dass die etwa gelieferten
verschiedenartigen perspektivischen Darstellungen im allgemeinen
nicht Gegenstand der Korrektur sein können, da ja ein Gegenstand
unzählige perspektivische Ansichten hat. Beim Vorzeichnen ist
aber darauf aufmerksam zu machen, dass noch viele andere perspek-
tivische Darstellungen möglich sind. Nach erfolgter Massenkorrektur
wird die Tafel umgedreht, und alle Schüler, die verfehlte Darstellungen
lieferten, haben den Gegenstand neuerdings aus dem Gedächtnis zu
zeichnen. Wer richtige Leistungen aufzuweisen hat, ist mit weiter-
gehender Ausführung oder besser mit Darstellung ähnlicher Gegen-
stände zu beschäftigen.

Beim Vorzeichnen muss der Lehrer alle naturalistische Dar-
stellung vermeiden und im allgemeinen nur die Formverhältnisse und
nicht Tonwerte darstellen; doch darf er auch keine schematische
Darstellung geben. Den begabten Kindern, sofern sie von selbst
dazu das Bedürfnis und Geschick haben, ist die Darstellung in Licht
und Schatten zu erlauben.

Nach Vollendung der Übung ist der Gegenstand von jedem
Kinde ohne Korrektur und ohne Benützung von Radiergummi mit
Bleistift in ein besonderes Heft, das Skizzenheft, oder auf einzelne
Blätter, die in Mappen aufbewahrt werden, zu zeichnen.
 
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