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Kunstgewerbliche Rundschau: Verkündigungsblatt des Verbandes Deutscher Kunstgewerbevereine — 3.1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.8033#0089
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>4- 89

X

München, September (896.

M. g.

Kerkündigungsßlatt des 8erßandes deutsDer Kunstgeweröe-8ereine.

Bezug der „Zeitschrift" samrnt der „TLunstgewerblichen Rundschau": Durch den Buchhandel, die s)oft oder die verlagshandlung R. Mldenbourg in Mnnchen, Mk. l6
p. a.; die Mitglieder des Bayer. Aunstgewerbe-Vereins (Iahresbeitrag ^ Mk.) erhalten die „Aeitschrift" sannnt der „Aunstgewerblichen Rundschau" unentgeltlich. — Die „Zeitschrift"

Druck und Verlag von R. Vldenbourg in München, Glückstraße u-


8om „MlliWM" üaii andcm Sautm RkgmsMrgs.

W

em Bestande unserer bayerischen kunst- und culturgeschicht-
i lich merkwürdigen und bedeutenden Bauwerke droht ein
' empfindlicher Verlust: in Regensburg soll das alte, durch
^ die Iahrhunderte geheiligte Goliatbhaus von dem jetzigen
Besitzer abgebrochen und durch einen Unternehmersneubau
schlimmster Art ersetzt werden. Vb die xrak-
tischen Griinde, die dcn ksausherrn, eincn
biedern Bäckermeister, dazu veranlassen,
stichhaltige sind und sich nicht sxäter als
nichtige und dunstige in lvohlgefallen auf-
lösen werden, wollen wir hier nicht näher
untersuchen. Unumstößlich und leider nur
zu klar ist es sür uns, daß durch den be-
absichtigten Schritt in die Reihe der alten
bürgerlichen Bauwerke unseres Vaterlandes
eine Lücke gerissen wird, die durch Nichts
wieder auszusüllen sein wird. Und die
Zahl jener Gebäudo, die uns neben den
Rirchen, Alöstern Ulid Pfalzbauten von deln
Leben und Treiben der guten, alten Bürger
und Städter des Nittelalters erzählen, ist
wahrlich eine so äußerst geringe, daß wir
jede Uiinderung als emxfindlichen und
schmerzlichen verlust fühlcn, und uicht da<
zu stillschweigen können. lVir müssen ver-
suchen, durch einen lauten und energischen
Protest dagegen Veto einzulegen und jene
Areise mit in Bewegung zu bringen, die
vor Allem dazu berufen scheinen, den Be-
stand unserer Aunstschätze dem volke zu
erhalten; also die Alterthumsvereine, die
Lonservatoren unseres Nationalmuseums
und die Stadt- und Staatsbehörden. In
unserem Falle silld gutem Vernehmen nach
nun bereits die nöthigen Schritte gethan,
wenn möglich den Besitzer des alten ksauses
„durch Geld und gute lVorte" von seinetu

von der Nürnberger Ausstclluug.

;32. Grabkreuz nach Entwurf von F. Weiß-Lindau,
ansgeführt vou Iak. Aaiser-Regensburg.

unheilvollen Lntschlnß abzubringen. wir wollen hosseu, daß es dem
Streben der maaßgebenden Areise gelingen möge, ihn zu einein Um-
bau zu bewogen, durch den sein Wunsch auf höheren Zinsertrag er-
füllt wird, ohne den allgemeinen Ausdruck des ksauses zu vernichten.
Denn es ist der Erhaltung werth wie kaum ein zweites.

Im ältesten Stadttheile der alten Reichs-
stadt an der Donau errichtet, dicht bei der
Dortil prastori-i, auf der rölnischen Stadt-
mauer um die Mtte des Iahrhunderts
erbaut, bildet das gothische Steinhaus mit
seinen sieben Geschossen, seinen Zinuen,
seinem klobigen Thurm, den klcinen Fen-
stern noch heute in beiden Gassen, an der
Straße zum Goliath wie am lvatmarkt,
ein Mark- und lvahrzeichen der Leiden und
Freuden, der Feste und Aämxfe der Bürger-
geschlechter der Stadt. Rrsxrünglich scheint
es die Familie derer Tundorfer besessen zu
haben, aus der jener Bischof Leo entsxrossen
ist, der als Gründer des Domes genannt
wird. Sxäter diente es anderen Familien
nud verschiedenen Zwccken; es wurde viel
darin herumgebaut, auch mauches Fcnster
im Aeußern verändert; die alten Dächer
brannten ab, so daß jetzt die Zinnen den
Abschluß bilden; ja an der einen Front
wurde ein Riesenbild des Goliath mit dem
David hingemalt, obgleich der Name des
lhauses nichts mit dcm Bibelhelden zu thun
hat, sonderu wahrscheinlich von den eolliiterü
den Schutz- (pfahl-, Sxieß-) Bürgern ab-
zuleiten ist, die zwischen lltauer- und pfahl-
werk wohnten und dasür Aopfgeld zahlen
mußten. In diesem Jahrhundert wurden
sogar im Lrdgeschoß Läden eingebrochen:
aber alle diese veränderungen haben den
allgemeinen Lharakter der ursprünglichen

Zeitschrift des bayer. Aunstgewerbe-Vereins München.

(8Y6. Runstgewerbliche Rundschau Nr. 9. (Bg. i(.)
 
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