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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 21.1871

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Lange, Emil: Ueber Motive der Deckendekoration, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.9046#0002
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Zeitschrift

des

Kunst-Gewerbe-Vereins.

Eimmdzwanzigster Jahrgang.

München. Mr± M 2. 1871.

Die Zeitschrift erscheint monatlich mit wenigstens zwei Seiten Text und zwei Kunstbeilagen. Die Bereinsmitgliedcr erhalten die Zeitschrift unentgeltlich. Im Buch-
handel kostet dieselbe 4 fl. s. W. — 2 Thlr. 12 Sgr. der Jahrgang. Inserate geeigneten Inhalte« werden mit 6 fr. = 2 Sgr. für den Raum einer gespaltenen
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Theodor Ackermann dahier wenden.

Neber Motive der Deckendekoration.

Von Emil Langt,

Professor an der Kunstgewerbeschule.

In allen zur gesunden Entwicklung gelangten Baustylen
nehmen wir eine besondere Vorliebe für decorative Ausbildung der
Decke wahr; dieß am Entschiedensten an Monumental-Bauten
des Cultus, bescheidener, wenn auch zeitweise ebenso bedeutend an
Profanbauten.

Die Gründe der besonder» Pflege des Deckenschmuckes sind
theils im Berhältniß der Decke zum ganzen Bauwerke, in dessen
Organismus sie wesentlich eingreift, wie in ihrem Berhältniß zum
Raume, den sie nach Oben abschließt, gelegen.

Mit der Raumdeckung, sagt Böttcher, beginnt erst das eigent-
liche Bausystem, erst durch sie erhält eine Bauweise ihr charakteri-
stisches Gepräge, wie dieß denn auch aus den Bezeichnungen her-
vorgeht, die einer Stylart nach dem Charakter ihrer Deckungsart
beigelegt werden.

So nennt man, wie bekannt, den griechischen Styl auch den
Steinbalken- oder Architravstyl, die römische Bauweise den Ge-
wölbstyl, die romanische und gothische Bauweise den Rundbogen-
nnd den Spitzbogenstyl.

Gelang es einer Stylperiode, das wichtigste Bauproblem, das
der Raumüberdecknng in selbständiger Art zu lösen, so war damit
auch die Anregung gegeben, alle Sorgfalt (in decorativer Beziehung)
diesem Bautheile zuzuwenden.

Aber nicht nur das Berhältniß znm baulichen Organismus
sondern auch das Berhältniß zum Raume und zu dessen Bewoh-
nern läßt die Decke ihre Bedeutung gewinnen.

Als naturgemäße Ergänzung zum Fußboden und zur Wand-
ung übt die Decke ans einheitliche Anordnung und Farbwirkung
des ganzen Raumes den meisten Einfluß.

Sie allein gestattet eine freie, unbehinderte Entfaltung der
künstlerischen Idee, da ihre Fläche in voller Einheit den Raum
überstrahlt und als solche auch vom Beschauer leicht überblickt wird,
und sie außerdem nicht wie Fußboden und Wand der Gefahr der
Verletzung durch Betreten oder Berührung ausgesetzt ist.

Nirgends läßt sich daher der Reichthum baulicher Decoration
so angemessen und wirksam zur Entfaltung bringen, als es an der
Decke möglich wird, wie es auch Hunderte von herrlichen Beispielen
aus Italien, Deutschland, Frankreich darthun.

Die Aufgabe dieses Aufsatzes soll es nun sein, ein flüchtiges
Bild der wichtigsten Motive des Deckenschmuckes, wie solche in den
verschiedenen Baustylen zur Anwendung kamen, und zumeist auch
unsrer heutigen Bauweise zu Grunde liegen, zu entwerfen.

Der Antheil, den das Kunstgewerbe an der Ausbildung des
Deckenschmuckes nimmt, insoferne der Decorationsmaler, Bau-
schreiner, Bildhauer, Stuccator rc. häufig mit der Lösung dieser

Aufgabe betraut werden, rechtfertigt mich gewiß für die Wahl
meines Themas.

Die mannichfachen Motive des Deckenschmuckes, deren Fülle
uns beim Vergleich der verschiedenen Baustyle wahrhaft überrascht,
zeigen doch bei aller äußeren Verschiedenheit manches Aehnliche und
Verwandte und lassen sich deßhalb leick-t in gewisse Gruppen ordnen,
was, wenn wir die Entstehung der - ins Auge fassen, durch
3 Gruppen möglich wird:

In steter Berührung mit dem wu. '%u der Natur,

die stets das Zweckmäßige mit dem Saw 'onischer

Weise zu vereinen weiß, hat sich der decorative >. V«

zu allen Zeiten aus den Werken der ihn umgeben,-,
seine eignen Leistungen Raths erholt, sich der natürlichen
der von jeher mit Vorliebe bedient.

So liegt es denn auch nahe, daß wir unter den Motiven des
Deckenschmuckes viele antreffen, deren Analoga an deckenartigen Er-
scheinungen in der Natur uns allen wohl bekannt sind.

Durch den hohen Reiz, den sie alle Zeit auf den Menschen
in jeder Culturepvche ausübten, mußten dieselben nothwendig znm
Gemeingut aller Stylperioden werden, wie wir sie denn auch in
deren Ornamcntationen wiederfinden.

Diese bilden die erste Gruppe.

Mit dieser verwandt, weil aus ihr hervorgehend, treffen wir
eine Reihe von Motiven, die Wohl nicht den natürlichen Vorbil-
dern folgen sondern den Ideen, die der Mensch mit denselben,
sowie allgenicin mit der Decke verbindet, ihren Ursprung verdanken.

Es sind dieß also theils Bilder der Phantasie theils Bilder
der Erinnerung oder unsrer llmgebung, die wir über unserem Haupt
zu schweben für würdig halten.

Selbstverständlich bietet diese zweite Gruppe große Abwechs-
lung der Motive, da jede Zeit wie jedes Volk in einem verschie-
denen Jdeenkreise lebt, wie denn die Phantasie eines Botokuden
sich gewiß in andern Bildern bewegt als die eines Europäers an
der Spitze der Civilisation.

Eine dritte Gruppe endlich umfaßt jene Motive, die aus dem
architektonischen Gebilde der Decke entstehen, insoferne dasselbe nach
dem Innern des Raumes offen zum Ausdruck gelangt und, wenn
durch eine Zwischenfläche verdeckt, durch ein ideelles Constructions-
gerippe ersetzt wird.

So verschiedene Gestalt die beiden Typen der Raumüberdeck-
ung, die Flachdecke und das Gewölbe, durch das jeweilig in
Anwendung gebrachte Material in ihren speciellen Lösungsarten
zeigen, so mannichfache Motive lassen sich auch daraus entnehmen.

Nach dieser allgemeinen Gruppirung wollen wir nunmehr auf
die Betrachtung einzelner Motive dieser 3 Classen übergehen, ohne
uns jedoch hiebei allzustreng an die mehr der bessern Uebersicht
wegen gegebene Eintheilung zu halten.

Wie die blumenbesäte Wiese, über welche wir mit Lust dahin-
wandeln, das schönste Vorbild für die Decoration des Fußbodens
 
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