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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — N.F. 4.1888/​95

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2. Heft
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Ueber das ewige Licht
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Hähne auf Thürmen und Kirchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26639#0021
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Äeber llils emig^ Richt.


Nach kirchlicher Vorschrift soll in allen Kirchen, in tvelchen das
allerheiligste Sakrament aufbewahrt wird, vor dem Tabernakel fortwährend
ein Licht brennen. Die Materie zur Herstellung dieses Lichtes soll
reines Olivenöl oder auch anderes, jedoch innner vegetabilisches Oel sein.
Jn neuester Zeit hat man für das „ewige Licht" häustg die Brenn-
vorrichtung n Guillon in Anwendung gebracht, welche wesentlich darin
besteht, daß ein in einem kekchartigen Glase (Oelbehälter) anfrecht
stehender, eigens fabrizirter (patentirter) Docht in gleichem Verhältnisse
mit dem Oel sich beim Brennen verzehrt. Die neue Vorrichtung ist
als ein wahrer Fortschritt anzusehen, weßhalb man dieselbe auch in Rom
eingesührt und den Erfiuder mit dem Gregorius-Orden dekorirt hat.
Uuzweifelhafte Vorzüge empfehlen diese Vorrichtung: zunächst Reinlichkeit
im Gegensatze zu der Schmutzerei der alten Brennmethoden, da zur
Vermeidung aller Unsauberkeit weiter uichts erforderlich ist, als daß
man das Glas nach jedesmaliger Entleerung ausputzt, weßhalb man sich
füglich zweier Gläser bedient, so daß man beim Wechsel stets ein Glaö wohl
geputzt zur Hand hat; sodann Bequemlichkeit und Zuverlässigkeit,
da das Licht, so lange Oel und Docht reichen, mehrere Tage ruhig fort-
brennt, ohne daß weiteres Nachsehen nöthig ist, es sei denn, daß man
uach längerem, etwa zwölfstündigem Brennen, um eine lebhaftere Licht-
slamme zu erzielen, die verkohlte Spitze des Dochtes abstößt; endlich auch.
Sparsamkeit, da man ungefähr '/z des Oelquantums weniger ver-
braucht alö bei der alten Methode. Wenn aber dennoch hie oder da
die ueue Brennvorrichtung als unpraktisch vcrworfen wurde, so ist die
Ursache in dem Umstande zu suchen, daß man nicht die zu der Qualität
des Oels passeude Sorte der Dochte in Gebrauch genommen hatte; denn
je schlechter das Oel ist, ein desto gröberer Docht ist zu gebrauchen,
weßhalb man, da die Qualität des Oels wechseln kaun, mit mehreren
Svrten der sehr billigen Dochte, deren es fünf Nummern gibt, sich stets
versehen sollte. WaS nun die zu dieser neucn Brennvorrichtung gehörige
Lampe oder Ampel betrifft, so ist Schreiber dieser Zeilen der Ansicht,

daß die alte, bisher gebräuchliche Form der Chorlampe nicht mehr zu
der neuen Brennvorrichtuug paßt. Denn in dem Spstem Guillon's ist
der Oelbchälter oder das Kelchglas, durch welches die Dochtflamme wie
i» einer Laterne hindurchscheint, der Haupttheil der Lampe; ja das Glas
ist die eigentliche Lampe und man braucht nur dieseS Glas in irgend
einer passendeu Weise vor dem Tabernakel aufzustellen vder aufzuhängen,
so hat man die neue Chorlampe. Jetzt aber noch die neue Breun-
vorrichtung mit der früher gebräuchlicheu kessel- oder topsartigeu Ehor-
lampe in Verbindnng zu briugen, ist durch nichts motivirt und wirkt
nur störend, indem zwei ganz gleichartige Bestandtheile, welche sich gegen-
seitig ausschließen, nämlich das Kelchglas Guillon's, d. h. der jetzige
Oelbehälter und die alte Lampe, d. h. dcr frnhere Oelbehälter, in Ver-
bindung gebracht werden. Es wird also nun die Aufgabe der kirchlichen
Kunst sein, einen passenden Modus anfznfinden, wie die ueue Chorlampe
mit Auwenduug der Vorrichtnug Guillon's zu gestalten sei, oder mit
anderen Worten: wie dem Guillon'schen Kelchglase nach oben und nach
unten ein passender Abschluß zu geben sei. Man nehme keinen Anstoß
daran, daß auf diese Weise eine ganz neue, cine von der bisher üblichen
Form ganz abweichende Chorlampe geschaffen wird. Die Chorlampe hat
ja im Laufe der Zeit schon mehrere Wandlungen durckgemacht; warum
sollte nicht jetzt durch den Cintritt eines nenen entscheidenden Moments
wiederum eiue solche Wandlung geboten sein? Die Chorlampe der ersten
christlichen Zeit war nichts Audcres als die antike Profanlampe, gewöhnlich
in der Forni eines Schiffchens, wclche Form in der Kirche auch eine
symbolische Bedentung gewann. Sodann hat die romanische wie die
gothische Kunstperiode, jede in ihrer Weise, die Chorlampe umgestaltet,
bis mau endlich zu den unförmlichen, übergroßen, oft fast kübelartigen
Chorlampen der Renaissance anlangte, welche in den beiden letzten Jahr-
hunderte» unsere Kircheu verunzierten (Man vergleiche über diese
Wandlungen: . Jacob, die Kunst im Dienste der Kirche S. 180 fs.)
Bci dem Wiedererwachcn einer besseren Knnstrichtnng ist man in unserem

Jahrhnnderte anf die schönere romanischc und gothische Kunstform der
Chorlampe zurückgegangeu, und in neuester Zeit hat man auch versucht,
der romanischen wie der gothischen Chorlampe das Gnillon'sche Kelch-
glas einzuverleiben, wovou die illustrirten Kataloge aller Knnsthandlungen
und Metallfabriken Zeugniß geben. Nach obiger Darstellung aber lönncu
solche Versuche nur als wenig gelungen angeseheu werdeu. Als der
unglücklichste derartige Versuch ist zu bezeichnen, daß man das Kelchglas
mittelst besondcrer Ketten, welche wiederum an den Ketten der alte»
Lampe befestigt sind, mit letzterer in Verbindung bringt, indem man das
Glas oberhalb der Lampe, die nun gar keineu Zweck mehr hat, gleich
einem Luftballon schweben läßt: das ist eine Verbindung, die eigentlich
keine Verbindung zu nennen ist. Dagegen kann mau jetzt auf eincn
gelungeiieii Versuck hinweisen, eine neue Chorlampe für dic Gnillon'sche
Vorrichlung herzustellen: das sind die Lampen des Herrn A. HuSmann
in Köln, erläntert und illustrirt in einer besonderen Beilagc in Nr. 20
des „Anzeigers"; wir meinen selbstverständlich nur die unter Nr. 1 bis 6
der erwähnten Beilage gezeichneten Lampen. Dicselben entsprechen in
schönster Weise den oben aufgestellten Anfordcrungen: das Kelchglas
erscheinj als der Haupttheil, als die eigentliche Lampe, getragen von vier
Bügeln, welche jedoch nicht verhindern, daß das Licht nach allen Seiten
zum Vorscheine kommt; die Bügel aber reichen nach oben an einen
Metallkranz, bei den vier ersteu Lampen in schöner dnrchbrvchener Arbeit,
und an diesem Kranze sind die üblichen Tragketteii befestigt. So gewinnt
das Ganze nach oben wie nach unten eineu sehr ausprechendeii Abschlnß.
Schreiber dieser Zeilen urtheilt aber nicht blos nach den Zeichnnngen;
dersclbe hat für die hiesige Kirche die Lampe Nr. 1. angeschafst und muß
gestehen, daß seine aus den Zeichnungen hergelciteten Crwartnngen in
der Wirklichkeit übertroffen sind, daß anch die Lampe nicht nur als
zweckcutsprechend, sondern zuglcich als eine Zierde der Kirche vollständig
befriedigt.

L. Grüe, Pfarrer zu Borgholz in Westf.


ülnN! ,»is lllniliinni Miil

Nichts erscheint iu den Monumenten des Mittelalters der Archäo-
s-P logie ihrer Nachforschung und Untersuchung nnwerth. Beim Besuche
eines Ritterschlosses oder einer Kirche mit mehr oder minder wichtigen
l n Verhältnissen, darf man sich nicht damit begnügen, den Plan aufzunehmen,
M die allgemeine Lage zu bestimmen, die Form zu erkennen, welche Thore,
Fenster, Arkadeu und Gewölbe lieben. Man hat alle Theile zu be-

trachten bis auf die geringsten Ornamentc. Das Glas, wodurch das
Licht in das Gebäude hineiu fällt, nachdem es ihm gleichsam als Zoll
für den Durchgang einen Theil seiner Farben gelasseu hat; die BaS-
reliefs, die in Rahmeu um die Oeffnungen herum vertheilt sind, oder
die Fensterpfciler mit einer Menge von Szenen, der heiligen Schrift
oder der Legende entlehnt, decken; das Pflaster, das man mit Fi'ißen

tritt; die Sockel, Schäfte, Säulenkapitäle, selbst die Prosilc verschiedeuer
Gesimse, Alles dieß erregt unsere Aufmerksamkeit. Besonders erfreuend
ist es, wenn man den Gedanken des Künstlers in der Anfnahme einer
besondercn Verzierung erräth, wenn mau den Sinn einer bildlichen Dar- D
steUung findet. Zu höchst auf unseren heiligen Gebäuden ist ein nicht
sehr wichtiges oder vielmehr ein einfaches Ornament, das man bisher
 
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