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Brettertür der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts im Städtischen Museum
Schwäbisch Gmünd

Die Gotik kennt den Typus der Brettertüre mit reichem Schmiedeeisen-
beschlag, wo die Angelbänder wie Aste mit Zweigen, Blättern und
Blüten auf dem Holz liegen (siehe Westportal von Notre Dame in Paris,
13. Jh. - ein darin unübertroffenes Werk). Ein Nachkomme dieser Art,
eine Renaissance-Arbeit aus der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts, gelangte
aus der Grät, dem mittelalterlichen Rathaus Gmünds, in das hiesige
Museum. 4 cm starke gehobelte Bretter, 5 an der Zahl, werden von 2
rückseitigen Gratleisten zusammengehalten. Der Vorder- und Schau-
seite sind mit 12 Rundkopfnägeln die Angclbänder angeheftet, von
denen je 4 gespaltene Ranken abzweigen, die gleicherweise befestigt
sind. Der Schmied hat diesen Ranken einen halbrunden Querschnitt und
damit einen deutlichen Realitätsbezug verliehen. Diese Tendenz nimmt
er - und das ist der Formalismus jener Zeit - mit den kleinen durchsteck-
ten und gegenläufig gebogenen Eisenstäben, die mit ihrer Schlußrosette
angenagelt sind, wieder zurück. Übrigens auch mit der Stilisierung der
Rankenblüten. Dieses Schmiedewerk (und wohl auch das Holz) war
gänzlich farbig gefaßt: Die Bänder und Ranken in Rot mit kleinen
Goldrosetten, die Blüten vermutlich in Gold.

Zum Türgriff: Er ist formal nicht sehr geschmeidig, aber originell
gebildet. Aus 2 gezackten Tellerflächen gehen die Stützen des Griffes
hervor, den 5 gedrehte Stäbe bilden und den ein dickschädeliges Köpf-
chen krönt.

Diese Tür hat später Veränderungen wohl durch die Versetzung in ein
anderes Türgewände erfahren. Dabei dürfte sie um ein Brett verbreitert,
die Angelbänder ihre bandelartigen Lilienansätze und schließlich noch
ein neues Schloß erhalten haben. Das Schloßblech zieren Grotesken und
auf dem Führungseisen ist 1649 eingraviert.12

Tür zum Kanzelaufgang im Gmünder Münster, 1551

Wir stehen diesem Objekt nicht nur mit gesichertem Datum, sondern
auch inschriftlich verbürgter Autorschaft gegenüber. Denn dieser
Zugang zu einem Art Laufstall, der in die Kanzeltreppe übergeht, ist nur
Teil des im Kanzelkorb gipfelnden Werkes. Und der mit Intarsien an
seinen oktogonen Flächen gezierte Korb trägt im westlichen Feld das
Zeichen von Adolf Daucher d. J. samt der Jahreszahl 1551.
Die Kunsttradition seiner Augsburger Familie hat ihn auf die Renais-
sance verwiesen, der er folgt, komme sie direkt aus Norditalien oder
über den Umweg aus Nürnberg. Deshalb konzipiert er die Front des
Treppenzuganges wie ein kleines antikes Architekturstück, wie eine
Ädikula (199x99 cm). Ein auf Sockel gestelltes jonisches Pilasterpaar
trägt das Gebälk. Davon eingeschlossen die nur 165x57 cm große Tür,
 
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