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Türen der zwanziger
und dreißiger Jahre

59 Tür Vordere Schmiedgasse
(1931)

58 Eingang kath. Pfarrkirche
Straßdorf (1915)

Nach der Einführung des Sperrholzes setzen sich Plattentüren immer
mehr durch. Die Handwerker machen mit. Hinsichtlich der inneren
Einstellung in dieser gärenden Zeit der frühen zwanziger Jahre drängt
subjektives Gebaren die Maximen der Objektivität zurück. Die Expres-
sion steigert die Form und pfeift auf alte Harmonien. Der Schreiner
leimt Stäbe in spitzem Winkel auf und sägt asymmetrische Offnungen in

59 die Fläche. Ein besseres Beispiel als Vordere Schmiedgasse 10 kennen
wir dafür nicht (erst 1931). Dieses fast nervöse Zucken innerhalb eines
Formablaufes sieht man an weiteren Türen, nur nicht so auffällig. Beim
Eingang Buchstraße 75 steckt solches im getreppten Sturz, dem Gitter
des Oberlichts und in den steilgestellten Platten seiner Begrenzung.
Oder man betrachte den Eingang Kaffeebergweg 7 oder die Eingänge an
der Westseite der oberen Rektor-Klaus-Straße, die fast alle den zwanzi-
ger Jahren angehören.

Gegen Ende dieses Jahrzehnts stellt sich im Kunstgewerbe eine Beruhi-
gung ein. Die ausdrucksbetonten Gesten haben ihre Zeit gehabt. In
diesen Jahren registriert man einen neuen zweischichtigen Türtyp, den
die Technik nun erlaubte. Einer Grundplatte sind auf der Außenseite
Hölzer horizontal aufgetragen: eine neue Art verdoppelter Tür. Der
Eingang zur „Reichspost" Bahnhofstraße 1 (1928), die gelungen profi-
lierte Türe Brandstatt 1 und der Eingang des Amtsgerichts gehören
dazu. Bei letzterem, den der Stuttgarter Oberbaurat Winker entwarf,
begleitet ein Terrakotta-Tierfries die große Türe.

Im Wohnungsbau ist die Plattentür nicht aufzuhalten. Aus dem Jahr
1932 können wir allerdings nur ein Beispiel nennen, weil damals in
Gmünd nur ein Haus gebaut wurde, das Haus Deibele, Silcherstraße 32.
Hier ist dem Türblatt eine runde Scheibe wie ein Bullauge eingesetzt.
Oberlichter sieht man in den folgenden Jahren kaum. Lichtöffnungen
werden in die Platte eingeschnitten, häufig als sprossenunterteilter Strei-
fen. Er weitet sich in den späten dreißiger Jahren, bis die unterteilte
Glasfläche die obere Hälfte der Türe einnimmt. Das sind die Normal-
fälle der „Baukunst des Dritten Reiches", wobei wohlgemerkt die
Normalität in dieser Zeit meist etwas mit Anpassung, Folgsamkeit und
Vorschriften zu tun hat. Das betrifft auch die „Pflege des Heimatstiles".
Die Staatsturnhalle Schwerzerallee 8 entsteht 1937 als ausgesegelter
Fachwerkbau mit einer Türe zur Hausmeisterwohnung, die eine Bretter-
türe mit Fugenleisten nachahmt. Es lohnt wirklich nicht, den Produkten
dieser Zeit besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Die Ernte an
10 Originellem ist gering. Da fällt schon auf, daß dem Kopfbrett der Türe

60 Bahnhofstraße 13 die Olympischen Ringe samt der Jahreszahl 1936
aufgeleimt sind. Ansonsten zeigt diese Türe alle Merkmale einer umge-
setzten Reißbrettzeichnung, wo der rechte Winkel gnadenlos herrscht.
 
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