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Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Hrsg.]
Kunstgeschichtliches Jahrbuch der K[aiserlich-]K[öniglichen] Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale — 1.1907

DOI Artikel:
Dvořák, Max: Spanische Bilder einer österreichischen Ahnengalerie
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https://doi.org/10.11588/diglit.18129#0043
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M. Dtokäk Spanische Bilder einer österreichischen Ahnengalerie

worüber man sich dabei mehr wundern soll, ob über die Kühnheit dieser jungen Frau oder
über die Tatsache, daß sie sich, die Erbin der Pernsteine und Rosenberge, zur Verteidigerin
eines Programms machte, welches dem der Stände entgegengesetzt war, ja gegen welches die
Revolution der Stände gerichtet war. Man bedenke nur, was das bedeutet; abgesehen von der
religiösen Vergangenheit — schon der Urgroßvater war der Beschützer der Brüderunion —
wendet sich diese Frau von der ganzen traditionellen Politik der Stände, des böhmischen
Adels, ihrer Ahnen ab, so daß man in einer andern Zeit und bei einer andern Frau ver-
muten könnte, es handle sich dabei um die unüberlegte Tat eines guten Herzens. Wenn
wir aber die Korrespondenzen der Frau Polyxena oder die Tagebücher ihres Mannes durch-
sehen, werden wir eines andern belehrt. Wir können uns da überzeugen, daß es sich keines-
wegs bei der Rettung der Statthalter um ein impulsives Handeln einer mitleidsvollen
Frauenseele handelte, sondern um die Betätigung der glühendsten Überzeugung einer neuen
Auffassung der Dinge, die von jener alten ständischen diametral verschieden war und von
deren Superiorität Polyxena so durchdrungen war, daß sie frohlockend ausruft, als ihr von
den Ständen alle Güter konfisziert werden: „Alles das ist nur ein Vorspiel zum endgültigen
Siege unserer Sache!"

Die spanischen Bildnisse g_eben den Kommentar zu dieser fundamentalen Wandlung.
Zu den Familien, deren Mitglieder, Verwandte und Freunde der Donna Maria und ihrer
Kinder wir da dargestellt finden, zählten die Borgias jüngerer Linie, die Gonzagas, die
Aquavivas. Die heiligen Stanislaus Kostka, Franciscus Borgia, Aloisius Gonzaga, Carlo
Borromeo gehörten diesem Verwandtschaftskreise an, der ein bestimmtes politisches und
religiöses Programm bedeutet, eben jenes, für welches die schöne Frau so glühend ein-
getreten ist.7)

Daß es sich bei diesen Namen nicht um tote genealogische Beziehungen handelt, be-
weisen die Bilder, die wir besprochen haben. In Spanien bekam die alte französisch-bur-
gundische höfische Kultur einen neuen Charakter, den die Einfachheit an Stelle des alten
Prunkes, Strenge an Stelle der alten Freiheit, kriegerische Zucht der Moriskoskämpfer an
Stelle der älteren Hofsitte auszeichnet und deren Evangelium nicht mehr die Phantasien der
Pucelle, sondern die Visionen des miles domini aus dem Baskenlande gewesen sind. Karl V.,
der voll Hasses gegen alles Spanische nach Spanien kam, ist nach kaum zehn Jahren
spanischer als die Spanier geworden — so stark war dieser Hispanismus, der wie ein Fieber
um die Mitte des XVI. Jhs. ganz Europa mit Ausnahme von Frankreich und England
ergriffen hat und in Osterreich an der Peripherie wiederum noch intensiver wirkte als
anderswo. Nicht durch den Sieg der kaiserlichen Waffen war der Sieg der Gegenreformation
und einer neuen Verfassung errungen, sondern durch diese vorangehende Hispanisierung
der führenden Klassen und was dies für die Geschichte Österreichs und Europas bedeutet,
darüber wäre es wohl überflüssig Worte zu verlieren.

Ein viel gerühmtes Werk des Sanchez Coello war ein Porträt des Ignatius.8)

7) Drei Mendozas, Vetter Polyxenas, Pedro Gonzales, Gaspar 8) Palomino III 124.

Hurtado und Bernardo gehörten der S. J. an (Carducho 123).
 
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