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Fig. I Marmorkopf aus der Zeit Friedriclis II.
im Museum von Capua

Denkmalkultus und Kunstentwicklung

I. Das Problem
Die Denkmalpietät gewinnt in unserem heutigen
geistigen Leben immer mehr Bedeutung, wobei es
jedoch einem aufmerksamen Beobachter nicht ent-
gehen kann, daß vieifach nicht nur über ihre Auf-
gaben, sondern auch über ihre Voraussetzungen und
Beweggründe die größte Unklarheit herrscht. Ein
Versuch, die Hauptmomente dieser historischen Ent-
wickiung zusammenzufassen, schien mir deshaib um
so mehr von einigem Nutzen zu sein, als auf das
wichtigste darunter meines Erachtens bisher viei zu
wenig Gewicht gelegt wurde.
Es gibt ohne Zweifel viele Quellen der Denk-
malverehrung.
Zu den ältesten dürfte die religiöse Pietät ge-
hören. Götterstatuen und Tempel wie auch andere
Objekte, an die sich reiigiöse VorsteHungen und
Erinnerungen knüpften, waren schon bei den ältesten
Kulturvölkern sakrosankt unddemöffentiichenSchutze
anvertraut. So steht in China und Japan alles, was
sichin denTempeinbeßndet, seitjahrtausenden unter
dem Schutze des Gesetzes, und diesem Schutze haben
wir es zu verdanken, daß sich in so großer Zahl

Denkmale aus den ältesten Perioden der Entwicklung
der ostasiatischen Kunst erhalten haben. Doch auch
in anderen Kunstgebieten, in welchen ein solcher
religiöser Denkmalschutz nicht gesetzliche Form
bekam, haben wir der religiösen Verehrung zu ver-
danken, daß sich viele Kunstwerke erhalten haben,
die sonst neuen künstlerischen Anforderungen zum
Opfer gefallen wären. Auch in der christlichen Kunst
spielte sie eine große Rolle, früher eine größere als
heute, wo vielfach eine pietätlose Neuerungssucht
die kirchlichen Kreise ergriften hat.
Nicht minder alt dürfte die genealogische Wert-
schätzung alter Denkmale sein: die Verehrung für
alles vonden Ahnen Ererbte,die bei einzelnen Familien
und ganzen Gemeinden und Völkern in allen Zeiten
eine große Rolle spielte und dazu führte, daß Bau-
werke oder andere Denkmale erhalten wurden, rnit
denen alte Erinnerungen verknüpft waren. Besonders
lehrreich ist da die Schonung einzelner Monumente
des klassischen Altertums im mittelalterlichen Rom.
Die Trajans- und Markussäule, die Säule des Phokas,
die Moles Hadriani, die Dioskuren, das Reiterbildnis
des Mark Aurel wären gewiß zugrunde gegangen,
wenn man sie nicht vom Standpunkte der histori-
 
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